„And Just Like That“: Und nie enden die Selbstzweifel
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Carrie stürzt sich nach dem Tod von Mr. Big wieder ins Leben und produziert ihren Podcast.
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Carrie (Sarah Jessica Parker) muss weitermachen. Achselzuckend. Aber wie bei so vielen Dingen ist sie selbst in Trauer perfekt. Sie sitzt in der dritten Folge von „And Just Like That“, der Nachfolgeserie von „Sex and The City“ bei ihrer Podcast-Aufnahme und hat einen großartigen Lauf. Sie trifft sich zum Lunch und schafft es alberne Bemerkungen über den Service zu machen. Mr. Big (Chris Noth) ist tot und das Leben geht weiter, einfach so. Die Bilder für ihre Seele in der Krise: Zwei Kleider, die auf einem Hocker im sonst perfekt aufgeräumten begehbaren Schrank liegen. Ein Coffee-to-go-Becher auf dem Esstisch und Take-away in Plastiktüten. Auch nachts um drei fallen die Haare in sanften Wellen und schlichtes Make-up verhindert, dass man schlaflose Nächte durch Augenringe erahnen könnte.
Was auch kommt: Die durchgestylte Erscheinung, die glatte Oberfläche, bekommt keine Risse. Fast hat sie die drei Phasen des familiären Todesfalls durchgestanden: die erste schlimme Nacht, die Beerdigung und nun, Wochen später, die Verlesung des Testaments. Die wirkliche Krise in der zur Gewohnheit gewordenen Trauer löst dann aber dieser Routinetermin aus.
Zurück zu alten Feinden
Natürlich ist es eine Krise, die sich gegen sie selbst richtet. Carrie hinterfragt plötzlich die glücklichen Jahre mit Mr. Big. Denn im Testament werden nicht nur Wohltätigkeitsorganisationen mit Millionen bedacht, sondern auch seine Ex-Frau Natasha (Bridget Moynahan). Die er heiratete, obwohl er Carrie liebte. Und die er mit Carrie betrogen hat. So geht die verzweifelte Fragerunde los: Hatte der stets mysteriöse Mr. Big also immer noch Geheimnisse? Hatte er Kontakt mit Natasha, hat er Carrie mit ihr betrogen?
Carrie sucht nach Antworten: in seinen Anzugtaschen, seinem Portemonnaie und hofft auf geheime Hinweise. „Ich habe wieder das Gefühl von früher unsicher zu sein. Nicht genug zu sein“, sagt Carrie gegenüber ihrer Freundin Miranda (Cynthia Nixon). „And Just Like That“ thematisiert damit wieder die toxischen Züge der Beziehung, für die „Sex and the City“ bereits kritisiert wurde. Ein Mann vollführt, und hier sogar posthum, eine undurchsichtige Geste und die Frau bezieht sie wieder auf sich. Reflexhaft macht sie sich klein.
Ungeschriebene Gesetze
Der große Unterschied ist: Früher wollte sie Mr. Big nicht fragen, heute kann sie es nicht mehr. Also versucht sie Natasha zu fragen, was es mit der Million auf sich hat, wofür sie steht, welche symbolische Bedeutung sie im Leben von Carrie übernehmen sollte. Ist das nicht genau der Punkt, über den man immer wieder sowohl bei „Sex and the City“ als auch „And Just Like That“ stolpert? Dass die früher vier und heute drei Freundinnen regelmäßig austarieren, wie man sich zu benehmen hat? An unzähligen unsichtbaren Gesetzen und Regeln abstecken, wie man einen Mann datet, ihn bindet, sich ihm gegenüber richtig verhält? Dieses nach außen gerichtete „Richtig“ und „Falsch“, das in der Serie vor allem meist nur für Frauen gilt?
Da kann es noch so viele flammende Empowermentreden geben, noch so viele lockere Witze über Sex oder progressive Sprüche. Es kaschiert nicht, dass die weiblichen Figuren der Serie doch immer wieder das Bedürfnis haben sich gesellschaftlichen Normen zu beugen, die Handlungen von Männer als quasi gottgegebene Handlung anzusehen.
Doch scheint Carrie von früheren Fehlern zu lernen: Sie schafft es sich loszumachen und denn Soll-ich- und Darf-ich-Fragen und spricht mit Natasha – ganz direkt, löst sich dadurch aus der Gedankenspirale und kann sich letztendlich ganz allein, ohne Freundinnen oder Regeln zu befragen, die Antwort auf die Millionen-Dollar-Frage geben. Eben weil sie Mr. Big kennt, weil sie eine Beziehung auf Augenhöhe mit ihm geführt hat. Damit ist sie, und mit ihr die Serie, gefestigter geworden und gereift. So könnte „And Just Like That“ zur großen Schwester von „Sex and the City“ werden.
„And Just Like That“ läuft bei Sky Ticket, eine neue Folge erscheint jeden Donnerstag.