Spione wie wir – Arnold Schwarzenegger führt in „Fubar“ ein Doppelleben
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YF55YDK73FDGRALQML7EPQGBPU.jpg)
Eigentlich ein lässiger Typ: CIA-Agent (Arnold Schwarzenegger) erlebt in der Agentenkomödienserie „Fubar“ allerdings schon bald sein blaues Familienwunder. Schwarzeneggers erste Serie startet am 25. Mai bei Netflix.
© Quelle: CHRISTOS KALOHORIDIS/NETFLIX
Sylvester Stallone hat eine Serie und bald auch eine Familiendoku. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis sein „Expendables“-Kamerad Arnold Schwarzenegger auch mit Fernsehen um die Ecke kommen würde. In „Fubar“ spielt der Österreicher den CIA-Agenten Luke Brunner, „den schnellsten 65-jährigen Weißen auf dem Planeten“, wie ihn sein Freund Bartholomew (Milan Carter) in der Computerzentrale nennt. Luke ist ein Sprinter und Springer, und er kann sich in 20 Sekunden von einem ältlichen James-Bond-Verschnitt in einen (scheinbar harmlosen) Feuerwehrmann verwandeln.
Arnold Schwarzenegger ist im wahren Leben schon 75, nur ein Jahr jünger als sein Action-Kollege Stallone, der als Mafioso Dwight in der Paramount+-Serie „Tulsa“ nach dem One-Night-Stand mit einer deutlich jüngeren Frau eine Pointe aus seinem Alter macht.
Da wir ihn als handfesten, nicht übermäßig eitlen Mann einstufen – wie er wirklich ist, erfahren wir vielleicht am 7. Juni in der dreiteiligen Netflix-Doku „Arnold –, ist die Verjüngung in der Serie wohl der Logik zu verdanken, dass ein Mann von 75 Jahren einfach nicht mehr an Geheimdienst-Fronteinsätzen beteiligt wäre.
Schon 1984 war Arnold Schwarzenegger ein heimlicher Spion
Schwarzeneggers Luke Brunner erinnert an seinen Harry Tasker aus James Camerons Agentenkomödie „True Lies“ (1984). Hier wie dort hat der Held eine bürgerliche Tarnung – Brunner ist offiziell ein Fitnesszubehörhändler, von dessen Doppelleben Ex-Frau, Tochter und Sohn nichts wissen. „Fubar“ startet mit dem berüchtigten allerletzten Auftrag vorm Ruhestand – der in ernsten Agententhrillern gemeinhin tödlich endet.
Ein Kollege mit dem Decknamen Panda – Spoileralarm! – droht in Guyana aufzufliegen. Panda spioniert einen Superschurken namens Boro (Gabriel Luna) aus, der durch Waffen zu Reichtum kam und jetzt eine nukleare Kofferbombe besitzt.
Eine Frau namens Panda und ein Erklärbär-Erzählmuster
Luke hat Boro einst in einem Londoner Internat untergebracht, der Gangster sieht ihn als „zweiten Dad“ an (weiß aber nicht, dass Luke seinen „ersten Dad“ einst umgebracht hat). Mission: Atombombe rausholen und Panda gleich mit. Die große Überraschung: Panda entpuppt sich als Lukes Tochter Emma (Monica Barbaro), die ebenfalls ein CIA-Doppelleben führt.
Anfangs ist man wenig amüsiert. So gut wie nichts in dieser von Phil Abraham (Kameramann bei „Die Sopranos“, Regie bei „Mad Men“) inszenierten Agentenkomödie wird dem Verstand des Betrachters überlassen – Dialoge erklären hier ständig die Handlung und sollen zugleich die handelnden Personen skizzieren.
Emma zu Luke: „Immer hast du mich ermutigt und mir beigebracht, über mich selbst hinauszuwachsen.“ Mama Tallulah (Fabiana Udenio) zu Emma über Luke: „Er hört nicht zu. Einer der Gründe, warum wir geschieden sind.“ Subtil geht anders.
Man fragt sich, ob „Fubar“ eine Abkürzung von „furchtbar“ ist
Witzig auch: Fragt Barry mit einem „Baby an Bord?“, ob Luke sicher an einen Einsatzort gelangt ist, bestätigt Luke dies mit einem „Käpt‘n ist in der Kajüte“. Fragt Barry nach dem Gelingen einer Mission mit „Ist die Butter auf dem Brot?“, erwidert Luke: „Die Milch ist im Mokka.“
Man fragt sich bald, ob der Serientitel eine merkwürdig mittige Abkürzung von „Fu(rcht)bar“ ist, und erfährt durch googeln, dass es sich um eine Abkürzung für „fucked up beyond all repair“ handelt, also so etwas wie „rettungslos verloren“ oder „total kaputt“, was sich ebenfalls auf die Serie münzen ließe, würde man zu früh aufgeben. Allerdings gilt hier: Je länger die Folgen laufen, desto glücklicher wird man.
Der Beschützerdaddy Luke und der „generation gap“
Denn hat man die fu(rcht)baren ersten 40 Minuten hinter sich gebracht, sind 00-Daddy und 00-Tochter erst einmal zusammen, beginnt die Serie zu vibrieren – quasi in dem Moment, in dem auch Emmas Vibrator zu vibrieren beginnt und Luke erkennt, worum es sich bei dem Zitterdingsbums handelt.
Jetzt öffnet sich der „generation gap“ zwischen Emma und dem konservativ-sexistischen Altmacho-Spion, der in der handfesten Tochter noch immer das Kind sieht, sie beschützen und nicht einsehen will, dass das Mädchen mit den Zöpfen auf dem Foto in seiner Fitnesshändler-Brieftasche eine erfolgreiche Jungagentin geworden ist. Eine, die Dad-Tipps, Dad-Jokes und die Dadismen der Bevormundung nicht mehr hinzunehmen bereit ist.
Und Schwarzenegger spielt Schwarzenegger oder zmindest schwarzeneggeresk - so wie man ihn der Fan seit Jahrzehnten kennt und liebt: kantig, mit angsteinflößendem Grimm im Auge, wenn Gegner ausgeschaltet werden müssen. Und mit einer gewissen Tapsigkeit, wenn es um Gefühle geht. Terminator und Papa-Bär zugleich - Hasta la vista, Baby!
Agentenbiz as usual - das Böse steht noch einmal auf
Die Agentenhandlung um die Bombe ist straight, nicht immer plausibel und bietet nichts allzu Überraschendes. Es ist eine jener naiv-dreisten Abenteuergeschichten mit den 007-artig märchenhaften Realitätsverschiebungen, in denen alles gelingt, in denen beispielsweise die guten Sidekicks in einem Hubschrauber heranknattern und per Schnellfeuer die am Boden befindlichen chaotisch durcheinanderwirbelnden Kräfte des Bösen ausschalten, ohne noch beim wildesten Kugelgeprassel je versehentlich einen der eigenen Leute ins Jenseits zu befördern.
Schmalz trieft, Charme sprüht, das Böse steht noch einmal auf und ermöglicht ein „Over the Top“-Finale, ein Brimborium, das an die Actionstreifen der Achtzigerjahre erinnert.
Was „Fubar“ übers Mittelmaß lupft, sind die urigen, comichaften Charaktere. Die rundliche CIA-Lesbe Roo Russell mit dem abgeschossenen Zeh (die Schriftstellerin Fortune Feimster), der Schönling Aldon („The Last Ship“-Star Travis Van Winkle) mit dem unerwarteten Familiensinn, der nicht allzu mutige Barry, der seinen Kopf widerwillig riskiert, um die scheue NSA-Hilfskraft Tina (Aparna Brielle) durch Tatkraft zu beeindrucken. Es kommt Buddy-Feeling auf – nicht ganz so espritvoll wie bei Soderberghs Casinoknackergang „Ocean‘s 11″. Aber: well done.
Das Stream-Team
Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix & Co. – jeden Monat neu.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Und wenn Emma und Luke einander in der ihnen von der CIA-Direktorin verordneten Vater-Tochter-Agententherapie im Rollenwechselspiel mit sesamstraßenartigen Puppen die Wahrheit sagen, ist es sogar very well done.
Bekommen die beiden ein professionelles Verhältnis hin? Schafft es der Macho Luke, seine Ex zurückzuerobern, bevor Konkurrent Donnie (Andie Buckley) sie heiratet? Wer das Hollywood-Actionkomödienkino der Achtzigerjahre kennt, ahnt die Antworten.
„Fubar“, erste Staffel, acht Episoden, von Nick Santora, Regie: Phil Abraham, mit Arnold Schwarzenegger, Monica Barbaro, Jay Baruchel, Milan Carter, Aparna Briellem, Gabriel Luna (ab 25. Mai bei Netflix)