„Warum“ mit Fabian Hinrich und Dagmar Manzel

„Tatort“ aus Franken: Undurchsichtige Figuren, glänzende Ermittler

Kriminalhauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) im neusten Franken-Tatort.

Kriminalhauptkommissar Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) im neusten Franken-Tatort.

Eine Mutter, nein: eine Heilige. Sie lacht so selig, freut sich auf den Sohn, für den sie einen Braten vorbereiten will. Auch der Sohn ist ja ein Netter, hat Fuß gefasst als Informatiker, hat eine neue Freundin. Alles passt. Und wenn wir jetzt bei Rosamunde Pilcher eingeschaltet hätten, wäre dieses Glück nach einem kleinen Sturm, der selbst bei Pilcher unvermeidlich wäre, derart wetterfest und von Bestand, dass man mit einer Tasse Schonkaffee auf diese Harmonie anstoßen möchte.

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Doch wir sind hier im „Tatort“, einer muss sterben. Im Zweifel jener, der im Leben glücklicher verwurzelt ist. Das ist der Sohn, Lukas (Caspar Schuchmann), Mitte 20, so froh und hilfsbereit, wie man das mal von Pfadfindern gekannt hat. Plötzlich liegt er auf der Straße, brutal ermordet. Die Mutter rutscht in pure Apathie, hat keinen Halt. Wer ist toter, der Sohn oder die Mutter?

Kein Motiv bietet sich an für diesen Mord. Das sind die Fälle, die geschaffen sind für Felix Voss (Fabian Hinrichs). Voss ist ein Meister des Fährtenlesens, des Zerpflückens von Gedanken, er ermittelt mit der Wünschelrute, jeder feinen Ader folgt er, wertet sie aus, er beugt sich über jeden Kiesel, um ihn umzudrehen. Als Ermittler gleicht er seine Empfindsamkeit mit Jähzorn aus, das wirkt oft furios, weil der Schauspieler gut auf die zwei Meter zugeht. Seine Kollegin Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) hält ihm derweil den Rücken frei, sie kümmert sich darum, seinen Intuitionen so etwas wie stichhaltige Logik beizumengen.

Doch was sollen sie im Mordfall Lukas Keller tun, außer blind im Nebel zu stochern? Der Franken-„Tatort“ nutzt das Vakuum, das sich durch stockende Ermittlungen ergibt, für eine zunächst zähe, später fast zärtliche Annäherung der längst getrennten Eltern, die über ihre Trauer abermals zusammenfinden. Nicht Liebe ist die Klammer dieser Allianz, sondern Rache. Berührend, wie der zottelige, stille Imker Fritz (Karl Markovics) und die versunkene Mutter Marie (Valentina Sauca) sich besinnen auf das Letzte, was sie haben: das Andenken an ihren toten Sohn, aus dem sie eine Kraft entwickeln, die an Bonnie und Clyde erinnert. Wenn auch in einer eher betäubten Variante des historischen Verbrecherpaares.

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Manche Figuren bleiben undurchsichtig und trotzdem markant

Vor einem halben Jahr gab es ganz in der Nähe einen Mord, der dieselbe skrupellose Handschrift trug: Schnitt durch die Kehle, dann Tritte ins Gesicht. Es gibt nun eine Spur in diesem ersten Fall, ein Obdachloser wird verhört, er bekennt sich schuldig, jedoch nur in dem alten Mord, mit dem aktuellen wiederum habe er nichts zu tun, behauptet er. Voss flippt aus und schreit ihn an: „Ich weiß, dass Sie es waren!“ Das Alibi wird überprüft, tatsächlich ist der Obdachlose unschuldig im Mord an Lukas Keller, doch der Verdächtige hat sich inzwischen in der Haft erhängt. Voss lag kolossal daneben. Macht sich Vorwürfe, martert sich, will aussteigen, „das Leben hat mir gezeigt, dass ich den falschen Beruf gewählt habe.“ Ringelhahn besänftigt ihn. Voss reißt sich am Riemen.

Mia, die Freundin von Lukas, schleicht wie ein Gespenst durch diesen Film. Lukas‘ Mutter möchte sie gern kennenlernen, gerade jetzt, da Lukas tot ist. Doch Mia (Julie Engelbrecht) öffnet nicht die Tür, ruft nicht zurück. Sie gehört zu jenen undurchsichtigen, trotzdem markant gezeichneten Figuren, die Regisseur Max Färberböck (das Drehbuch hat er gemeinsam mit Catharina Schuchmann geschrieben) in seine Story webt. Der Chef von Lukas (Götz Otto), Leiter eines Logistikunternehmens, läuft nachdenklich und aufgeräumt durch diesen Film, der sehr präzise auf die Temperamente seines Personals schaut.

Diese „Tatort“-Folge „Warum“ verlässt sich auf ein glänzendes Ermittler-Team und hat die Gabe, die verschiedenen Facetten der Trauer auszuleuchten. Ein großes Glück, dem Film bei dieser Arbeit zuzusehen.

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