Wohl gezielter Angriff: Ermittlungen zur Bahnsabotage gehen weiter
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/K2SOYE6UHBBK3BLJGOIGR4BNQU.jpg)
Wichtige Kommunikationskabel der Deutschen Bahn wurden am Samstag zerstört.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Die Ermittlungen nach der folgenreichen Sabotage des deutschen Bahnverkehrs gehen weiter. In Berlin hat sie inzwischen der Staatsschutz beim Landeskriminalamt (LKA) übernommen. Ein politischer Hintergrund ist zwar einer Sprecherin der Berliner Polizei zufolge nicht auszuschließen. Allerdings werde in alle Richtungen ermittelt. Zu den möglichen Tätern und ihren Motiven gibt es von offizieller Seite bisher keine Informationen.
Wichtige Kommunikationskabel zerstört
Unbekannte hatten am Samstag wichtige Kommunikationskabel der Deutschen Bahn in Berlin und auch in Nordrhein-Westfalen zerstört. Daraufhin stand der Bahnverkehr in Norddeutschland über mehrere Stunden größtenteils still, weil die Kommunikation zwischen den Leitstellen, die den Zugverkehr steuern, und den Zügen nicht mehr möglich war.
Unzählige Fahrgäste strandeten an den großen Bahnhöfen. An Auskunftsschaltern bildeten sich lange Warteschlangen. Nach Angaben der Deutschen Bahn normalisierte sich der Zugverkehr am Sonntag wieder.
Vieles deutet auf einen gezielten Angriff hin. Nach Angaben eines Sprechers der Bundespolizeidirektion Berlin gab es einen Tatort in der Bundeshauptstadt und einen weiteren in Nordrhein-Westfalen. Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien in beiden Fällen vorsätzlich sogenannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.
Nach Einschätzungen aus Sicherheitskreisen setzt das Vorgehen Insiderwissen über die Bahn voraus. Dass bislang kein Bekennerschreiben bekannt wurde, spricht gegen Täter aus der linksextremistischen Szene, denen in der Vergangenheit Anschläge gegen die Bahn zugeschrieben wurden. Die „Bild“-Zeitung berichtete am Sonntag, das Bundeskriminalamt (BKA) halte in einer internen Einschätzung auch staatliche Sabotage für denkbar. BKA und Bundesinnenministerium kommentierten den Bericht auf Nachfrage nicht.
„Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen“: Bahnsabotage womöglich ein Testdurchlauf
Auch ein Sprecher des Fachleute-Gremiums „Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen“ sagte, dass es sich wohl um ein koordiniertes Vorgehen gehandelt habe. Die Täter hätten Informationen über die Trassenführung und die Folgen eines Ausfalls gehabt, so der Sprecher weiter. Es habe sich womöglich um eine Art Testdurchlauf gehandelt, um die Auswirkungen einer solchen Tat zu sehen.
Sicherheitsexperte zu Bahnsabotage: Angriff Russlands möglich
Der Sicherheitsexperte Peter Neumann hält einen Angriff Russlands auf die kritische Infrastruktur in Deutschland für möglich. „Russland hat schon ein Interesse daran, in Europa Panik zu verursachen und zu signalisieren, dass es ganz heftig das Leben lahmlegen kann“, sagte der Wissenschaftler dem Sender RTL. Es benötige erhebliches Wissen, um diese Knotenpunkte anzugreifen. Allerdings gebe es natürlich keine eindeutigen Beweise. „Momentan ist es noch eine Theorie.“
In der SPD gibt es einem Bericht zufolge Überlegungen, der Bundespolizei mehr Befugnisse zu verschaffen. „Die Bedrohungslage ist hoch. Dies haben die Sabotageakte auf unsere Infrastruktur nochmal sehr deutlich gemacht“, sagte Fraktionsvize Dirk Wiese der „Rheinischen Post“. Wichtig sei daher, „dass unsere Sicherheitsbehörden die erforderlichen Ermittlungsbefugnisse zur Verfügung haben. Insbesondere müssen wir jetzt sehr schnell ein modernes Bundespolizeigesetz im Bundestag auf den Weg bringen.“ Die letzte Reform sei aus dem Jahre 1994, seitdem habe sich viel geändert. 2021 scheiterte eine Reform des Bundespolizeigesetzes im Bundesrat.
RND/nis mit dpa