Todesstrafe: US-Regierung lässt erstmals seit 68 Jahren eine Frau hinrichten
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Blick in die Hinrichtungskammer des San Quentin Gefängnis im US-Bundesstaat Kalifornien, in der per Injektion Todesurteile vollstreckt werden. (Symbolbild)
© Quelle: AP
Washington. Die Regierung von Donald Trump hat im vergangenen Jahr mehr Menschen hingerichtet als die Bundesstaaten. Nach einer 17-jährigen Pause hatte der noch amtierende US-Präsident die Todesstrafe im Juli 2020 wieder aufnehmen lassen – seither ließ die US-Regierung zehn Menschen hinrichten. Die US-Bundesstaaten selbst vollstreckten die Todesstrafe nur siebenmal. Laut dem aktuellen Bericht des Death Penalty Information Centers sind die zehn Tötungen die höchste Zahl an Hinrichtungen durch die Washingtoner Regierung seit dem 19. Jahrhundert.
Am Dienstag, 12. Januar, soll nun erstmals seit 68 Jahren wieder eine Frau durch die Giftspritze sterben, die durch ein Bundesgericht zum Tode verurteilt worden war. Lisa Montgomery ist die einzige weibliche Insassin in der Todeszelle des Bundes. Verurteilt wurde sie 2008 wegen Mordes an einer Schwangeren.
Frau getötet und Baby entrissen
Der Fall soll sich vor fast 17 Jahren so zugetragen haben: Im Dezember 2004 soll die damals 36-Jährige nach Skidmore in Missouri gefahren sein. Montgomery gab vor, einen Welpen von einer Frau kaufen zu wollen, die Hunde züchtete. Die 23-Jährige war zu diesem Zeitpunkt im achten Monat schwanger. Zuvor soll Montgomery mit der Frau Mails ausgetauscht haben, unter anderem, um deren Vertrauen zu gewinnen. Sie gab dafür offenbar selbst vor, schwanger zu sein.
Als das schwangere Opfer an dem Tag das Haus verließ, griff Montgomery die Frau hinterrücks an. Zunächst soll Montgomery die Frau gewürgt haben. Während diese offenbar noch lebte, griff die Täterin schließlich zu einem Küchenmesser und schnitt der 23-Jährigen den Bauch auf. Das Baby soll Montgomery herausgerissen haben.
Einen Tag später wurde Montgomery festgenommen. Bei ihrer Festnahme saß sie mit dem Säugling zu Hause auf der Couch. Es sei ihr eigenes Baby, behauptete Montgomery damals. Forensische Computeruntersuchungen überführten die Frau schließlich.
Montgomery war Missbrauchsopfer
Doch warum das alles? Nach dem Todesurteil 2008 wurde der Fall in einer Berufungsverhandlung neu aufgerollt. Und hier kam die dramatische Lebensgeschichte der Täterin an die Öffentlichkeit.
Recherchen des britischen „Guardian“ zufolge sei Montgomerys achtjährige Halbschwester Diane bereits als Kind von einem männlichen Babysitter missbraucht worden – Montgomery war Zeugin der Taten und musste alles mit ansehen. Seit ihrem elften Lebensjahr sei Montgomerys schließlich selbst von ihrem Stiefvater auf jede erdenkliche Weise vergewaltigt worden. Dazu haben er einen extra eingerichteten Raum in einem Wohnwagen genutzt, heißt es. Es soll zu so massiver Gewalt gekommen sein, dass die Verletzungen noch heute sichtbar seien.
Später soll der Stiefvater auch Freunde zu den Vergewaltigungen eingeladen haben. Montgomerys Mutter begann derweil, ihre Tochter für Dienstleistungen „in Zahlung“ zu geben. Mit 18 Jahren floh Montgomery schließlich in eine viel zu frühe Ehe – doch auch diese war, ähnlich wie ihre zweite Ehe, von sexuellen Übergriffen geprägt.
Lebenslange Folter
Psychologinnen bestätigen der britischen Zeitung, bei Montgomery handele es sich um eine Frau, die „infolge lebenslanger Folter und sexueller Gewalt psychisch schwer krank“ sei. Im Gefängnis seien bei ihr unter anderem bipolare Störungen, eine posttraumatische Belastungsstörung, Angstzustände und Depressionen, Psychosen, Stimmungsschwankungen, Dissoziationen und Gedächtnisverlust diagnostiziert worden.
Nun soll Montgomery die erste Frau seit 68 Jahren sein, die durch den Bund an einer tödlichen Injektion stirbt. 1953 starben zuletzt Ethel Rosenberg auf dem elektrischen Stuhl und Bonnie Heady in der Gaskammer. Einzelne Bundesstaaten hatten in den vergangenen Jahren Menschen hinrichten lassen, so war zum Beispiel 2010 im Bundesstaat Virginia nach 98 Jahren erstmals wieder eine Frau mit der Giftspritze getötet worden.
US-Medien zufolge versucht die Regierung Trump kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit möglichst viele Hinrichtungen vollstrecken zu lassen. Üblich ist das nicht: In den vergangenen 131 Jahren ließen scheidende US-Präsidenten keine Hinrichtungen mehr vollstrecken.
Anwälte wenden sich mit Gnadengesuch an Trump
Zuletzt hatte vor allem der Fall Brandon Bernard besondere mediale Aufmerksamkeit erzielt. Prominente wie die US-amerikanische Influencerin Kim Kardashian, die sich bereits in der Vergangenheit für zum Tode verurteilte stark gemacht hat, hatten sich vehement gegen die Hinrichtung des 40-Jährigen eingesetzt. Eine halbe Millionen Menschen unterzeichneten eine Petition mit der Bitte, die Hinrichtung von Bernard auszusetzen.
Gebracht haben die Appelle nichts: Bernard wurde in einer Haftanstalt in Terre Haute im Bundesstaat Indiana mit einer Giftspritze hingerichtet.
Auch Montgomerys Anwälte haben sich mit einem letzten Gnadengesuch an US-Präsident Donald Trump gewandt. Sie bitten darum, das Todesurteil aufzuheben und in eine lebenslange Haftstrafe ohne Berufungsmöglichkeit umzuwandeln.
RND/msc