Vulkanologe zu Ausbruch nahe Tonga: Höhepunkt der Aktivität womöglich schon erreicht
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Über dem Vulkan Hunga-Ha'apai steigt eine große Asche-, Dampf- und Gaswolke bis in eine Höhe von 20 Kilometern über dem Meeresspiegel auf.
© Quelle: Tonga Geological Services/ZUMA P
Wellington/Nuku'alofa. Die Lage im Inselreich Tonga ist nach dem Ausbruch des unterseeischen Vulkans Hunga-Tonga-Hunga-Ha‘apai am Wochenende weiter unübersichtlich. Erste Bilder zeigen, wie Palmen und Häuser mit Asche bedeckt sind. Der Kontakt zur Außenwelt ist weitestgehend abgeschnitten, das einzige Unterseekabel, das auf den Inseln ankommt, wurde bei dem Ausbruch durchtrennt. Mittlerweile gibt es Berichte von großen Schäden und sogar Todesopfern. Vor allem die Hauptstadt Nuku‘alofa hat es schwer getroffen.
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Der Vulkanausbruch bei Tonga.
© Quelle: dpa
Nach Ansicht von Experten und Expertinnen war es der weltweit stärkste Ausbruch eines Unterseevulkans seit 30 Jahren. Daten zeigen, dass es seit dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991 keine derartig heftige Eruption gegeben hat. Der Ausbruch in der Südsee hat nach jetzigem Kenntnisstand die Stufe 5 auf dem achtstufigen Vulkanexplosivitätsindex erreicht, im Falle des gigantischen Pinatubo-Ausbruchs war es Stufe 6. Der Vulkanologe Shane Cronin von der University of Auckland sagte, dass wenn sich die Eruption des Hunga-Tonga-Hunga-Ha‘apai an Land ereignet, dann wären die Auswirkungen „apokalyptisch“ gewesen.
Vulkanologe: Ausbruch „ziemlich beeindruckend“
Der Vulkanologe Andreas Klügel von der Universität Bremen ist auch so von den Auswirkungen erstaunt. „Es gab Tsunamis und Warnungen im ganzen Pazifikraum. Die Druckwelle der gewaltigen Explosion war sogar in Deutschland messbar. Das ist schon ziemlich beeindruckend“, betont der Experte am Dienstag gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
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Geowissenschaftler Andreas Klügel von der Universität Bremen.
© Quelle: Andreas Klügel/Universität Bremen/dpa
Ob der Ausbruch an Land apokalyptische Folgen gehabt hätte, darauf möchte sich Klügel nicht festlegen. „Wenn der Ausbruch an Land in der Nähe eines besiedelten Gebietes stattgefunden hätte, gäbe es mit Sicherheit immense Schäden. Aber so ist es ja auch schon schlimm genug“, sagt er.
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Ausbrüche unter der Wasseroberfläche bleiben oft unentdeckt
Ausbrüche unter der Meeresoberfläche gibt es immer wieder, erklärt Klügel. Die meisten bleiben aber unentdeckt, da sie sich in einer Tiefe von mehreren Kilometern ereignen. „Die Explosivität ist nicht so stark, weil der Wasserdruck so hoch ist. Die Asche und Gase werden nicht so weit in die Atmosphäre geschleudert“, führt er aus.
„Von den meisten Unterwasservulkanausbrüchen weiß man relativ wenig. Aber es gibt schon gewaltige, bei denen der Ozean, soweit das Auge reicht, mit Bims bedeckt ist.“ Bimssteine entstehen durch gasreiche vulkanische Eruptionen, bei denen zähflüssige Lava durch Wasserdampf und Kohlenstoffdioxid aufgeschäumt wird. Da ihre Dichte niedriger als die von Wasser ist, schwimmen sie an der Wasseroberfläche.
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Bimssteine entsteht unter anderem bei Vulkanausbrüchen unter der Meeresoberfläche (Archiv).
© Quelle: picture alliance / WILDLIFE
Wie viele Unterwasservulkane es gibt, ist laut Klügel schwierig zu sagen. „Wenn man nur die zählt, die vom Meeresboden aus einen Kilometer hoch sind, sind das schon Zehntausende“, sagt der Experte. Viele von ihnen seien aber auch schon erloschen. Klar ist, dass es mehr Vulkane unter Wasser gibt, als an Land.
Ausbruch des Krakatau 1883 „ein ganz eigenes Kapitel“
Unterwasservulkane sind auch für die Bildung von neuen Insel verantwortlich. Jeder Inselvulkan hat als Unterwasservulkan angefangen, aber nur die wenigsten davon erreichen die Wasseroberfläche. Die hawaiianischen Inseln oder die Kanarischen Inseln, wo zuletzt der Vulkan auf La Palma ausbrach, zählen zu den bekanntesten. Auch große Teile Indonesiens sind durch Vulkanausbrüche entstanden, wo auch der wohl bekannteste Vulkan existiert. Der Krakatau sorgte 1883 für einen der extremsten dokumentierten Vulkanausbrüche weltweit.
Krakatau war ursprünglich ein Unterwasservulkan. Mittlerweile türmen sich die Vulkane im Krater auf dem durch Ausbrüche entstandenen Krakatau-Archipel über 500 Meter hoch. „Bei dem Ausbruch 1883 gab es mehrere Tsunamis und Schallwellen, die nicht nur einmal den Globus umrundet haben. Das heiße Gemisch aus Asche, Lava und Gasen ist rund 80 Kilometer über das Meer geflossen und hat dort noch Einwohner der Nachbarinseln getötet. Dieser Ausbruch war ein ganz eigenes Kapitel, dagegen ist der in Tonga klein“, erklärt der Vulkanologe.
Gefährliche Wasserdampfexplosionen
Wenn Lava auf Wasser trifft, kann es zu extremen Wasserdampfexplosionen kommen, was auch die Druckwelle, die von dem Ausbruch nahe Tonga ausging, erklären könnte, sagt Klügel. Besonders in flacheren Gewässern, wie bei Tonga, sei die Wahrscheinlichkeit von Wasserdampfexplosionen hoch.
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Tonga liegt auf dem „Ring of Fire“
Die meisten Unterwasservulkane entstehen entlang der Plattengrenzen. An diesen Bruchstellen kann heißes Magma an die Oberfläche quellen. Besonders häufig treten sie entlang des mittelozeanischen Rückens und hinter den Subduktionszonen der Tiefseegräben auf. Durch seine hohe Anzahl von Vulkanen entstand der Name „pazifischer Feuerring“ (auch „Ring of Fire“ genannt), auf dem auch Tonga liegt.
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Eine Karte des „pazifischen Feuerrings“, Vulkanen und der Plattentektonik.
© Quelle: dpa
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Die Plattentektonik der Erde.
© Quelle: picture-alliance / Picture-Alliance
Vulkanfelder, die sich mitten auf einer tektonischen Platte befinden, werden „Hotspots“ genannt. Das bekannteste Beispiel hierfür ist Hawaii.
Ausbruch wohl noch nicht vorbei
Der Hunga-Tonga-Hunga-Ha‘apai ist seit Dezember wieder aktiv. Nicht klar ist, ob der Vulkan weiter ausbrechen könnte, sagt Klügel. „Wahrscheinlich ist es noch nicht vorbei mit den Ausbrüchen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass wenn sich die Magmakammer richtig entleert hat, es zwar noch zu kleineren Ausbrüchen kommen kann, aber nicht mehr in dem Ausmaß. Es ist aber anzunehmen, dass der Höhepunkt der Aktivität schon erreicht wurde“, erklärt er. „Wenn es einmal richtig zur Sache geht, dann kann das ganze manchmal auch nur ein paar Tage dauern. Nicht wie auf La Palma, wo der Ausbruch rund drei Monate dauerte.“ Wie weit sich die Magmakammer bereits geleert hat, sei unklar.
Ein wahrer Unterwasserkoloss
Der Hunga-Tonga-Hunga-Ha‘apai liegt nur 65 Kilometer nördlich der Hauptstadt des polynesischen Königreichs im Ozean. In Nuku‘alofa lebt fast ein Viertel der 107.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Der Vulkan ist ein wahrer Unterwasserkoloss: 1800 Meter hoch und 20 Kilometer breit erhebt er sich unter der Wasseroberfläche.
Erstmals hatte der Vulkan 2009 bei einer Eruption die Meeresoberfläche durchbrochen. Zum Jahreswechsel 2014/2015 begann er wieder zu brodeln und spuckte wochenlang Schlamm- und Aschefontänen aus dem Pazifik. Die Eruption förderte damals monatelang Material an die Oberfläche, bis schließlich eine neue, zwei Kilometer lange Insel entstand – die sich zum Erstaunen von Expertinnen und Experten über die Jahre stabilisierte, statt wieder zu verschwinden.
mit dpa