Junge aus Sachsen litt am Schimke-Syndrom

Siebenjähriger Liam hat den Kampf gegen seine schwere Krankheit verloren

Liam ist mit sieben Jahren am Schimke-Syndrom, einer seltenen Krankheit, gestorben. Er wird seiner Familie und vielen anderen Menschen als ein besonderes Kind in Erinnerung bleiben.

Liam ist mit sieben Jahren am Schimke-Syndrom, einer seltenen Krankheit, gestorben. Er wird seiner Familie und vielen anderen Menschen als ein besonderes Kind in Erinnerung bleiben.

Rackwitz. Liam war ein besonderes Kind. Besonders aufgeweckt. Besonders fröhlich. Besonders intelli­gent. Besonders interessiert. Besonders krank. Mit sieben Jahren ist Liam den Folgen der schweren Erbkrankheit erlegen, die sein viel zu kurzes Leben und das Leben seiner Familie bestimmte.

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Liam ist in der Region rund um Delitzsch in Sachsen vielen auch durch die Aktion Ein Licht im Advent der „Leipziger Volkszeitung“ bekannt geworden, bei der 2020 fast 600 Menschen gespendet hatten und damit seinen Traum erfüllten, dass er mit seiner Familie das Disneyland in Paris besuchen kann. Im Sommer 2021 ging dieser Wunsch in Erfüllung, 2022 reiste die Familie noch einmal ins Disneyland und verbrachte Urlaubstage an Liams geliebter Ostsee. Seit der Diagnose 2019 war das Leben der vierköpfigen Familie aus Rackwitz darauf ausge­legt, möglichst jeden Moment auszukosten, da nie klar war, wie viel Zeit Liam noch bleibt.

Seltene Erbkrankheit bestimmte das Leben

Liam hatte das Schimke-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine seltene und kaum erforschte Erbkrankheit. Das Schimke-Syndrom ist eine Multisystemerkrankung, die mit vielen Sympto­men verbunden ist. Die Verläufe sind sehr individuell. Immer wieder kamen bei Liam neue Symptome dazu.

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Schimke-Syndrom – eine seltene Krankheit

Das Schimke-Syndrom, genauer Schimkesche Immuno-ossäre Dysplasie (SIOD), ist eine Erbkrankheit, für die eine Symptomtrias aus Kleinwuchs, Immundefekt und nephrotischem Syndrom typisch ist. Ein nephrotisches Syndrom ist eine Kombination verschiedener Symptome, die ursächlich auf eine Schädigung der Nieren zurückgehen.

Die Multisystem-Krankheit Schimke-Syndrom wird autosomal-rezessiv vererbt – sie ist also sehr selten, bisher sollen in der Fachliteratur erst unter 50 Fälle beschrieben worden sein, bei denen beide Geschlechter gleich häufig betroffen waren. Die genauen Ursachen der Erkrankung sind unklar. Vermutlich ist ein Protein geschädigt, das für Reparaturvorgänge in den Körperzellen verantwortlich ist.

Eine Therapie gibt es nicht, nur die Behandlung der Symptome. Für die Patienten wird die Lebenserwartung auf die Kindheit oder höchstens das frühe Erwachsenenalter begrenzt, je nach Schwere des Falls und Verlaufs.

Folgen der Krankheit: Liam wurde taub und brauchte einen Rollstuhl

Liam litt zum Beispiel an Niereninsuffizienz. Vor einem Jahr kam es zu einem schweren Schlag­anfall und folgend immer wieder zu anderen Tiefschlägen für Liam und seine Familie. Liam, der am liebsten Rammstein hörte und kleine Konzerte in seinem Kinderzimmer gab, wurde taub. Er brauchte einen Rollstuhl. Die Liste der Symptome und Auswirkungen des Schimke-Syndroms auf ihn ist so lang wie die Liste der Medikamente, die der sieben Jahre alte Junge nehmen musste.

Liam ist mit sieben Jahren an seiner seltenen Krankheit gestorben. Er wird seiner Familie und vielen anderen Menschen als ein besonderes Kind in Erinnerung bleiben.

Liam ist mit sieben Jahren an seiner seltenen Krankheit gestorben. Er wird seiner Familie und vielen anderen Menschen als ein besonderes Kind in Erinnerung bleiben.

Zustand verschlechterte sich

Nach Anfällen im vergangenen Jahr verschlechterte sich der Zustand des Jungen immer weiter. Dass die Krankheit erbarmungslos sein würde, war ab der Diagnose 2019 klar, doch die Familie hatte immer gebetet, doch noch möglichst viel Zeit mit Liam haben zu dürfen. „Wir haben immer gehofft, dass doch noch ein Wunder geschieht“, berichtet Liams Mutter, „doch die Krankheit ist stärker.“

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Weihnachten konnten Mutter Annie, Vater Dennis und die große Schwester Jamie sowie der Rest der Familie wie Großeltern und andere Verwandte noch mit Liam feiern. Weihnachten mit all den Lichtern, dem Schmuck und all dem Glanz war genau wie die Band Rammstein oder die Feuerwehr eine große Leidenschaft von Liam und eine Freude für ihn.

Das Jahr 2023 begann damit, dass Liam nach einem der unzähligen Besuche seines Lebens in der Uniklinik endgültig nach Hause geschickt wurde – zur palliativen Versorgung. Immer wieder die Angst, dass es nur noch wenige Stunden sein würden. Immer wieder auch die Hoffnung auf das Wunder. Die Familie ging auch diesen Weg mit und für Liam, blieb bei ihm.

Emotionale Einblicke in das Familienleben

Und Mutter Annie Brückner begleitete auch diesen Weg auf Social Media. Bis zuletzt. Am Abend des 25. Januar verriet das Symbol eines gebrochenen Herzens, dass Liam nicht mehr da ist.

„Liam kämpft“ heißen der Facebook- und auch der Instagram-Kanal, die den Weg des Jungen begleiteten. Die 32‑Jährige gab dort seit 2020, kaum ein Jahr nach der Diagnose, immer wieder Einblicke. Sie dokumentierte den Alltag der Familie, das Leben mit und für Liam, die Arbeit pflegender Angehöriger, sie teilte schöne Momente genauso wie die vielen Frust­momente bei Behördengängen und den wiederholten Kampf ums Pflegegeld oder anderes. Die Mutter teilte die Gedanken, wie schwer es fällt, das eigene Kind leiden zu sehen, und sie teilte die Liebe zu Liam.

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Mutter Annie Brückner klärte ab 2020 regelmäßig über den Alltag mit schweren Erkrankungen und als pflegende Angehörige auf.

Mutter Annie Brückner klärte ab 2020 regelmäßig über den Alltag mit schweren Erkrankungen und als pflegende Angehörige auf.

Und so ist dies wohl eine große Sache, die vom kleinen Kämpfer Liam bleiben wird: Aufklärung über das echte Leben mit schweren Erkrankungen und das echte Leben pflegender Angehöriger, offen und ehrlich, authentisch und nahbar.

Bewusst an die Öffentlichkeit gegangen

Annie Brückner klärte auf, indem sie die Menschen am Alltag teilhaben ließ. Nicht immer war Liam dabei zu sehen. Annie Brückner achtete darauf, dass ihr Sohn meist nur in seinen guten Momenten zu sehen war – mit seinem ansteckenden Lachen, seinen frechen Fragen oder versunken in seine Musik oder sein Spielzeug. Ansonsten zeigte Annie Brückner einfach das Leben pflegender Angehöriger, indem sie dokumentierte, wie viele Medikamente sie gerade wieder sortieren musste, wie oft sie Blutdruck misst, wie Tage gut anfingen und wenig später kippten oder dass sie mal wieder auf dem Weg in die Klinik sind. Und sie zeigte auch, dass sie selbst inzwischen Antidepressiva nehmen muss. „Über drei Jahre kämpfen hinterlassen auch bei mir Spuren“, so die Mutter. Dennoch führte sie den Kampf bewusst öffentlich.

Ziel war und ist es, über das Schimke-Syndrom aufzuklären. Die Hoffnung war und ist es, diese seltene Erkrankung bekannter zu machen, sodass die Forschung intensiviert wird und andere Kinder mit dieser Erkrankung vielleicht eines Tages ein unbeschwerteres und längeres Leben führen können als Liam. Ein letzter Wunsch soll in Erfüllung gehen: „Liams Reise ist nicht zu Ende“, so die Familie, „wir werden ihn in die Ostsee lassen und er darf entscheiden, wo die Reise ihn hinführt.“

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Dieser Artikel erschien zuerst bei der „Leipziger Volkszeitung“.

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