93-Jährige aus Kiew mit Maschinengewehr: Sie wusste über einen Monat nichts vom Krieg
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Trümmer liegen in Kiew auf einer Straße.
© Quelle: Mohammad Javad Abjoushak/SOPA Im
Seit dem 24. Februar, rund sieben Wochen, wütet der Krieg in der Ukraine nun schon. Die 93-jährige Olena Luhova aus Kiew wusste davon aber lange nichts. Ihr Radio und TV-Gerät waren kaputt, dachte sie. Die Gräueltaten, die sie im zweiten Weltkrieg erlebt hatte, solle sie nicht noch einmal erfahren, fand ihre Schwiegertochter Nadiya Lozhkina. Sie sei „in heiliger Unwissenheit über den Beginn des Krieges. Ich weiß nicht, wie viel mehr ich vor ihr verbergen kann. Ich hoffe, wir feiern im Juli ihren 94. Geburtstag“, schrieb Lozhkina am 2. März in ihr Tagebuch, wie die populäre ukrainische Online-Zeitung „Ukrajinska Prawda“ berichtet.
Die Schwiegertochter sagte demnach zu der 93-Jährigen, dass sich die Reparaturarbeiten ihres Radios und Fernsehers verzögern würden. In Wahrheit nahm sie ihr die Geräte einfach weg. Angehörige und Freunde bat sie, mit ihr nicht über den Krieg zu sprechen. Die Sirenen hörte Luhova nicht, da sie schwerhörig ist. Auch von draußen habe sie nichts mitbekommen, da sie sich die meiste Zeit in ihrer Wohnung aufhält.
Olena Luhova: „Die Wahrheit ist die beste Behandlung“
Erst am 1. April, nach 33 Tagen, konnte Schwiegertochter Nadiya Lozhkina den Krieg vor der Haustür nicht mehr geheim halten. Eine Freundin erzählte der 93-Jährigen in einem etwa vierstündigen Telefonat von den Ereignissen in ihrem Land und ihrer Stadt. Anschließend habe Olena Luhova zwei Stunden gesungen.
Gegenüber „Ukrajinska Prawda“ sagte sie: „Ich bin empört, dass sie versucht haben, die Wahrheit vor mir zu verbergen. Die Wahrheit ist die beste Behandlung, sie zu verbergen ist eine Sünde. Jeder muss wissen, was wirklich los ist.“
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Olena Luhova: „Ich könnte eine Person töten“
Und so kam es, dass sie zum ersten Mal ein Maschinengewehr in die Hand nahm, als Verwandte sie besuchten. Auf die Frage, ob sie eine Person töten könne, antwortete Olena Luhova: „Ich könnte eine Person töten, die mit einer Waffe zu mir nach Hause kommt, um mir Schaden zuzufügen.“ Das Foto entspreche genau ihrem Gefühlszustand, erklärte sie. Es sei das beste Foto von ihr in ihrem Leben.
Mittlerweile hat die 93-Jährige ihren Fernseher und ihr Radio zurück. Sie schaue und höre den ganzen Tag die Nachrichten auf voller Lautstärke.
RND/nis