Ärztepräsident Reinhardt fordert Einführung eines „Deutschen Gesundheitsrates“
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Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Ärztepräsident Klaus Reinhardt fordert die Einrichtung eines „Deutschen Gesundheitsrates“, der nach dem Vorbild des Ethikrates selbstständig oder im Auftrag der Regierung Empfehlungen zu gesundheitlichen Belangen der Bevölkerung bei politischen Vorhaben aller Ressorts abgeben soll. „Gesundheitsfragen sind Gesellschaftsfragen“ sagte Reinhardt vor Beginn des Ärztetags dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Umwelt-, Bau-, Arbeits-, oder Bildungspolitiker treffen tagtäglich Entscheidungen, die gesundheitliche Belange der Menschen unmittelbar beeinflussen“, argumentierte der Ärztepräsident. Deshalb sei in vielen anderen Ländern, unter anderem in den USA oder Finnland, eine Strategie etabliert worden, das Thema Gesundheit in allen Politikfeldern zu verankern.
Dagegen sei in Deutschland „das Ressortdenken noch sehr ausgeprägt“, kritisierte der Ärztepräsident. „In vielen Politikbereichen fehlt auch einfach das Bewusstsein für die vielen Möglichkeiten der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention“, beklagte er. Wenn zum Beispiel in der Stadtentwicklungspolitik ein Schwerpunkt auf die Schaffung von Grün- und Wasserflächen gelegt werde, kühle das die Städte und schaffe zugleich Räume für Sport und Spiel im Freien. In der Verkehrspolitik müsse der Fokus auf die Reduzierung des Autoverkehrs gelegt und das Radwege- und ÖPNV-Netz ausgebaut werden. Das leiste einen Beitrag gegen den Klimawandel, reduziere Gesundheitsgefahren durch Feinstaub- und Lärmbelastungen und animiere die Menschen zu mehr Bewegung.
„Wir brauchen ein Forum, in dem solche Vorschläge diskutiert und im Anschluss an die verantwortlichen Politikbereiche adressiert werden“, sagte Reinhardt. Dem Gesundheitsrat sollen nach seinen Vorstellungen neben der Bundesärztekammer weitere Vertreter des Gesundheitswesens sowie Wissenschaftler angehören.
Ärztepräsident gegen Cannabislegalisierung
Der Ärztetag, der diesmal in Essen tagt, wird auch als das Parlament der Ärzteschaft bezeichnet. Die 17 Ärztekammern entsenden 250 Delegierte. Zur Eröffnung am Dienstag wird auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprechen. Thema der Beratungen ist unter anderem die von der Ampelkoalition geplante Legalisierung von Cannabis. In einem Antrag des Vorstandes wird der Bundestag aufgefordert, die Gesetzespläne zu stoppen und „stattdessen den internationalen Verpflichtungen Deutschlands im Bereich der Drogenbekämpfung nicht nur dem Buchstaben, sondern auch dem Geist nach treu zu bleiben.“ Auch die von Lauterbach geplante Krankenhausreform, der Aufkauf von Praxen durch Finanzinvestoren und die Lieferengpässe bei Medikamenten sollen diskutiert werden.
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Am Donnerstag steht die Wahl der neuen Führungsspitze der Bundesärztekammer auf der Tagesordnung. Gegen Reinhardt tritt in einer Kampfabstimmung die Vorsitzende der Ärztevereinigung Marburger Bund, Susanne Johna, an. Der 57-Jährigen Internistin werden allerdings kaum Chancen eingeräumt, die Wahl zu gewinnen. So haben die Hausärzte bereits angekündigt, Reinhardt – der als Allgemeinmediziner tätig ist – weiterhin zu unterstützen. Auch der Spitzenverband der Fachärzte sprach sich für eine Kontinuität an der Spitze aus. Der 62-jährige Reinhardt führt die Bundesärztekammer seit 2019.