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Niederlegung des Mandats gefordert

Beschluss des Parteivorstandes: Die Linke stellt Sahra Wagenknecht den Stuhl vor die Tür

Keine Zukunft bei der Linken: Sahra Wagenknecht arbeitet dem Vernehmen nach an der Gründung einer neuen Partei.

Keine Zukunft bei der Linken: Sahra Wagenknecht arbeitet dem Vernehmen nach an der Gründung einer neuen Partei.

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Berlin. Die Linke plant ihre Zukunft ohne die ehemalige Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Das beschloss der Parteivorstand am Samstag einstimmig. Zugleich appellierte das Gremium an die 53-Jährige und ihre Mitstreitenden, die dem Vernehmen nach an der Gründung einer neuen Partei arbeiten, in diesem Fall ihre Mandate niederzulegen. „Es ist ein Gebot des politischen Anstandes und der Fairness gegenüber den Mitgliedern unserer Partei, wenn diejenigen, die sich am Projekt einer konkurrierenden Partei beteiligen, konsequent sind und ihre Mandate zurückgeben“, heißt es in dem Beschluss.

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Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan betonten bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die Sitzung, dass man mehrfach mit Sahra Wagenknecht gesprochen habe, um zu einer Verständigung zu kommen. Es gehe auch nicht darum, dass diese bei bestimmten Fragen eine abweichende Meinung vertrete. Man erwarte jedoch, dass demokratische Beschlüsse respektiert würden, und verwahre sich gegen Drohungen mit der Gründung einer neuen Partei.

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Scharfe Machtkämpfe mit der Parteispitze

„Ein Damoklesschwert“ werde man nicht hinnehmen, sagte Wissler. Ihr Co-Chef Schirdewan erklärte: „Es ist deutlich geworden, dass Sahra Wagenknecht ihre Zukunft nicht mehr in der Partei sieht.“ Man schließe nun „ein Kapitel, das uns viel zu lange gequält hat, ab“.

Sahra Wagenknecht steht praktisch seit Gründung der Linken im Clinch mit der Partei. Größere Auseinandersetzungen gab es um die Flüchtlingspolitik, den Corona-Kurs und jetzt um die Haltung zu Russland nach dem Angriff auf die Ukraine.

Während ihrer Zeit als Fraktionschefin lieferte sich Wagenknecht an der Seite des Co-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch zudem scharfe Machtkämpfe mit den damaligen Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger. Nach deren Abdanken folgten schnell neue Machtkämpfe Wagenknechts und ihrer Anhänger, nun mit den Nachfolgern an der Parteispitze, Susanne Hennig-Wellsow, Janine Wissler und Martin Schirdewan. Dazwischen gründete sie ohne Absprache mit der Partei die Sammlungsbewegung „Aufstehen“.

Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan betonten: „Es ist deutlich geworden, dass Sahra Wagenknecht ihre Zukunft nicht mehr in der Partei sieht.“

Die Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan betonten: „Es ist deutlich geworden, dass Sahra Wagenknecht ihre Zukunft nicht mehr in der Partei sieht.“

„Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht“

Trotz Meldungen, die Partei habe Wagenknecht ultimativ aufgefordert, sich von der Gerüchten über eine eigene Parteigründung zu distanzieren, hatte sie am Freitag bekräftigt, dass sie erst bis zum Jahresende über ihre Zukunft in der Linken und entsprechende Pläne entscheiden wolle. Deshalb entschied der Parteivorstand am Samstag: „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht.“

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Zuvor hatte Wagenknecht bereits erklärt, nicht mehr für die Linke für den Bundestag zu kandidieren. Sie selbst wollte sich auf dpa-Anfrage zunächst nicht öffentlich zu dem Beschluss äußern.

Es gibt eine Reihe von Bundestags­abgeordneten, die Wagenknecht bis zuletzt immer wieder unterstützt haben: die Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali, Ex-Parteichef Klaus Ernst sowie die Abgeordneten Sevim Dagdelen, Christian Leye, Zaklin Nastic oder Alexander Ulrich.

Wer von ihnen in eine neue Partei eintreten würde, ist unklar. Insider sagen, es seien vielleicht acht von 39 Abgeordneten insgesamt. Demoskopen und Beobachter gehen davon aus, dass eine Wagenknecht-Partei für die AfD ebenso bedrohlich wäre wie für die Linke, weil es in den Positionen zahlreiche Schnittmengen gibt und Wagenknecht aus der AfD wiederholt Zuspruch erfuhr.

Sahra Wagenknecht: Entscheidung über Parteigründung bis Jahresende
ARCHIV - 24.09.2019, Berlin: Sahra Wagenknecht (Die Linke), damals Fraktionsvorsitzende, beantwortet zu Beginn der Sitzung der Bundestagsfraktion ihrer Partei im Reichstagsgebäude Fragen von Journalisten. (zu dpa "Spaltet sich die Linke? Wagenknechts Ansage schürt Spekulationen") Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Einer weiteren Kandidatur für die Linke hatte die Bundestags­abgeordnete Wagenknecht eine Absage erteilt.

Riexinger: „Jetzt ist Schluss mit lustig“

Der Linken-Abgeordnete Leye kommentierte den Vorstandsbeschluss mit scharfen Worten: „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne politische Bedeutung. Sahra Wagenknecht ist um ein Vielfaches populärer als die Partei, und das heutige Manöver ist ein weiterer Schritt Richtung Abgrund.“

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Ex-Partei-Chef Riexinger sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) hingegen: „Jetzt ist Schluss mit lustig. Man hat Wagenknecht ein Ultimatum gestellt, und sie hat dieses Ultimatum nicht ernst genommen“, so ihr einstiger Rivale. „Deshalb ist das ein sehr guter Beschluss und die richtige Zeit, klare Verhältnisse zu schaffen. Das hat der Parteivorstand getan.“ Auch unterstütze er die Aufforderung zur Mandatsniederlegung: „Aus einem bestehenden Mandat einer Partei ein Mandat einer neuen Partei vorzubereiten, ist nicht fair.“

Für Bernd Riexinger ist klar: „Jetzt ist Schluss mit lustig. Man hat Wagenknecht ein Ultimatum gestellt, und sie hat dieses Ultimatum nicht ernst genommen.“

Für Bernd Riexinger ist klar: „Jetzt ist Schluss mit lustig. Man hat Wagenknecht ein Ultimatum gestellt, und sie hat dieses Ultimatum nicht ernst genommen.“

Riexinger sieht den Beschluss als „ein Signal an alle Mitglieder der Linken, die den Weg zu einer modernen demokratisch-sozialistischen Partei mit einem klaren Begriff von internationaler Solidarität weitergehen wollen“.

Amira Mohamed Ali, die die Linksfraktion gemeinsam mit Dietmar Bartsch führt, kritisierte das Vorgehen der Parteiführung. „Ich halte den heutigen Beschluss des Parteivorstandes von Die Linke für einen großen Fehler und einer Partei unwürdig, die sich Solidarität und Pluralität auf die Fahnen schreibt“, schrieb sie auf Twitter. „Wir haben unseren Wählerinnen und Wählern und all den Menschen gegenüber, die ohne uns keine Stimme haben, eine wichtige Aufgabe. Vorstandsbeschlüsse gegen eigene Mitglieder zu fällen und öffentlich breitzutreten, gehört nicht dazu!“

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