Warum die Bundesländer ihre Bildungshoheit nicht aufgeben wollen
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In Deutschland gilt die Bildungshoheit der Bundesländer. Damit sind diese unter anderem verantwortlich für das Schul- und Hochschulwesen.
© Quelle: Sebastian Gollnow/Deutsche Press
In der Bundesregierung gibt es zwar eine Bildungsministerin, doch die Amtsbezeichnung von Bettina Stark-Watzinger (FDP) verspricht mehr, als sie halten kann: Bildungspolitik in Deutschland ist nicht allein Sache des Bundes; im föderalen Deutschland wird sie von den Ländern verantwortet. Aber der oft verspottete Flickenteppich im deutschen Schulwesen wird auch für Ungleichheit und mangelnden Fortschritt im Bildungssystem verantwortlich gemacht.
Die Ampelkoalition wünscht sich mehr Mitspracherecht auf Länderebene. Erst im März hatte Stark-Watzinger auf einem Bildungsgipfel festgestellt: „Das deutsche Bildungssystem steckt in einer tiefen Krise.“ Die Länder überhörten ihre Kritik. Kaum jemand ihrer Länderkolleginnen und -kollegen folgte ihrer Einladung zum Gipfel – unverhohlener konnten sie nicht verdeutlichen, dass sie ihre Bildungshoheit verteidigen wollen.
Bevölkerungswachstum könnte schon 2040 gestoppt werden
Im November hatte die Weltbevölkerung nach UN-Angaben die Acht-Milliarden-Marke geknackt.
© Quelle: dpa
Umfrage: Bund soll mehr Mitspracherechte haben
Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU) sprach der Bundesministerin gegenüber dem ZDF gar ihre Professionalität ab: „Wenn man so etwas so groß anlegen will, muss man das anders aufsetzen. Es muss Vorabsprachen geben.“
Die deutsche Bevölkerung scheint hingegen eher auf der Seite des Bundes zu stehen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) zeigt, dass 73 Prozent der Befragten für mehr Mitspracherechte des Bundes sind. Nur 24 Prozent sprachen sich dagegen aus.
Im Nachbarland Frankreich etwa liegt die Bildungshoheit beim Zentralstaat und damit in Paris. Wegen der langen Tradition hält das Land daran fest, obwohl Kritikerinnen und Kritiker glauben, dass dadurch die intellektuelle und wirtschaftliche Entwicklung gebremst wird.
„Bildungspolitik liegt in der Kompetenz der Länder“
In Deutschland ist die Tradition genau gegenteilig. Im Deutschen Reich und in der Weimarer Republik war Bildung Aufgabe der Kleinstaaten. Erst das nationalsozialistische Regime zentralisierte Kultur und Bildung. Änderungen wie das „Gesetz über den Neuaufbau des Reichs“ (1934) trugen dazu bei, dass alle staatliche Macht in Berlin lag. Die Alliierten stellten nach dem Zweiten Weltkrieg die entmachteten Länder wieder her. Nach dem Missbrauch von Kunst, Kultur, Universitäten und Schulen unter dem Nazi-Regime gab es viel Wertschätzung für das föderale System.
Das ist bis heute so. „Bildungspolitik liegt in der Kompetenz der Länder, nicht des Bundes“, betonte der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer, jüngst gegenüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. „Eine Vermischung von Aufgaben und Finanzen führt zur Verwischung von Verantwortlichkeiten, davon halte ich nichts.“