Hafenöffnung in der Ukraine? Bundesregierung und Opposition schöpfen Hoffnung
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Im rumänischen Constanta wird Getreide aus einem Lkw entladen. Constanta gilt als Alternative zu ukrainischen Häfen, um Getreide aus der Ukraine in die Welt zu exportieren.
© Quelle: Vadim Ghirda/AP/dpa
Berlin. Es gibt Kompromisssignale, aber Annalena Baerbock hat ihr Reiseprogramm nicht geändert. Am Freitag reist die Außenministerin nach Rumänien. In Constanta am Schwarzen Meer wird sie den Containerhafen besichtigen. Es wird darum gehen, wie über diesen Hafen Getreide aus der Ukraine geschafft werden kann – die ukrainischen Häfen sind durch den Krieg blockiert. 22 Millionen Tonnen Getreide warten in Lagerhallen und Silos auf Ausfuhr, demnächst kommt die neue Ernte hinzu.
Am einfachsten wäre es, wenn diese Körnerberge über die ukrainischen Häfen abtransportiert werden könnten. Aber die Häfen sind blockiert, die Einfahrten vermint. Seit Monaten wird nach Alternativen gesucht. Einfach ist das nicht: Schiffe können deutlich mehr transportieren als Lastwagen oder Züge.
Die Route übers Nachbarland Belarus fällt wegen dessen Verbindung zu Russland aus. Technische Probleme wie wechselnde Spurbreiten der Gleise erschweren den Transport über Polen. Eine Alternativroute über die Donau läuft erst langsam an. Und der rumänische Hafen ist auf große Mengen nicht ausgerichtet. 2,5 Millionen Tonnen sind auf diese Weise nach UN-Angaben bislang abtransportiert worden – immerhin und lediglich.
Signale für einen Kompromiss
Nun scheint es, als könne die Hafenfrage der Ukraine plötzlich doch gelöst werden. Russische und ukrainische Vertreter trafen sich nach wochenlanger Pause in der Türkei, die sich als Vermittler angeboten hatte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, es gebe „einige Fortschritte“. UN-Generalsekretär Antonio Guterres verkündete: „Heute haben wir endlich ein bisschen Hoffnung.“ Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar wurde konkreter: Man habe sich auf gemeinsame Kontrollen der Ankünfte und Abfahrten geeinigt und auf ein Koordinierungszentrum in Istanbul. In der kommenden Woche bereits sollten dazu Abkommen unterzeichnet werden.
Ukraine und Russland erzielen offenbar Einigung über Getreideexporte
In ukrainischen Häfen stecken wegen des Krieges Schätzungen zufolge etwa 20 Millionen Tonnen Getreide fest.
© Quelle: Reuters
„Es ist ermutigend, dass die Verhandlungen substanzielle Fortschritte machen, denn es hängt so viel davon ab“, sagte der Direktor des UN-Welternährungsprogramms in Deutschland, Martin Frick, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Viele Staaten beziehen einen erheblichen Teil ihres Weizens aus der Ukraine. Die Hilfsorganisationen haben bereits Alarm geschlagen wegen einer drohenden Verschärfung von Hungersnöten.
Hoffnung und Skepsis
CDU-Vizefraktionschef Johann Wadephul hofft gar schon auf einen Schritt Richtung Friedenslösung. „Die positiven Signale, die uns aus Istanbul zu möglichen Weizenexporten erreichen, sind ein kleiner Lichtblick im Verlauf dieses grausamen Krieges“, sagte er dem RND.
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„Wenn Russland sich an mögliche Abmachungen hält und tatsächlich einen begrenzten Export von Weizen ermöglicht, dann kann dies der lange ersehnte Einstieg in substanzielle Diskussionen auch zu anderen wichtigen Themen wie einem Waffenstillstand sein. Putin braucht einen gesichtswahrenden Ausstieg, weil die Verluste auf russischer Seite groß sind.“ Allerdings bleibe „größte Vorsicht“ geboten, da sich Russland schon an anderer Stelle, etwa bei der Gewährung humanitärer Korridore, nicht an Abmachungen gehalten habe.
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Von „blutig“ bis „Friedensverhandlungen“: drei Szenarien, wie der Krieg in der Ukraine weitergehen könnte
Seit nunmehr vier Monaten fallen in der Ukraine Bomben, Raketen und Granaten. Ein Ende der russischen Aggression scheint nicht in Sicht. Nach der Einnahme der Region Luhansk soll nun das benachbarte Donezk folgen. Wird Russland jedoch seinen brutalen Eroberungszug erfolgreich fortsetzen oder kann die Ukraine zurückschlagen? Drei Szenarien, wie sich der Krieg weiterentwickeln könnte.
In der Bundesregierung will man daher tatsächlich nicht allzu optimistisch sein: „Eine Einigung auf sichere Transportmöglichkeiten von Getreide aus der Ukraine über den Seeweg wären eine Erleichterung für die hungernden Menschen weltweit“, sagte Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze dem RND.“ Jede Tonne Getreide, die zusätzlich rauskommt und auf den Weltmarkt zur Verfügung steht, hilft. Aber die Erfahrung mit Putin zeigt, dass man sich darauf nicht verlassen sollte.“ Es sei leicht, „Hunger als Waffe einzusetzen“.
So ist auch Baerbocks Reise zu verstehen. Der Hafen in Constanta muss umgebaut werden: Es geht um mehr Anlegestellen und um eine Vertiefung des Hafenbeckens. Die Hafendirektion hat dafür Kosten von bis zu einer Milliarde Euro veranschlagt.
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