„Brauchen mehr Personal“: Betriebsrat von DB Regio kritisiert Deutschland-Ticket
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/BXGW27EBWRAPXDEOBI2AF5QMAY.jpeg)
Eine Regionalbahn in Hamburg: Bald kommt das Deutschland-Ticket.
© Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa/Daniel Bock
Berlin. Die Einigung von Bund und Ländern über die Entlastungsprogramme zur Abmilderung der Energiekrise stößt in Wissenschaft, Gewerkschaften und Sozialverbänden auf zum Teil harsche Kritik. „Der Februar ist für die Gaspreisbremse zu spät. Sie muss so schnell wie möglich kommen“, sagte etwa die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Winter beginnt jetzt. Die Übernahme des Dezembergasabschlags reicht für arme Menschen nicht. Sie wissen schon heute nicht, wie sie ihre hohen Heizkosten bezahlen sollen.“
Kompromisse bei Nahverkehr, Gaskosten und Flüchtlingen
Die Regierungschefinnen und ‑chefs der Länder hatten diese Woche mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) nach wochenlangem Streit eine Reihe von Kompromissen zur Finanzierung des Nahverkehrs und der Kosten für die Flüchtlingsunterbringung gefunden. Bei der geplanten Gaspreisbremse konnten sich die Länder jedoch nicht damit durchsetzen, auch für Privatkunden eine Preisbremse ab Januar zu erreichen. Der Bund gab lediglich die Zusage, eine rückwirkende Entlastung zum Februar anzustreben.
Während das dem Sozialverband VdK nicht weit genug geht, befürchtet die Ökonomin Veronika Grimm, die als Vorsitzende einer Expertenkommission die Gaspreisbremse mit ausgearbeitet hat, eine Bevorzugung von Gaskunden. „Die Idee sollte sein, die Gaskunden zu entlasten, aber nicht besser zu stellen als Heizpellets- und Heizölkunden“, mahnte Grimm im RND-Gespräch. „Wir haben die Übernahme des kompletten Dezemberabschlags vorgeschlagen, um den Januar und Februar zu überbrücken, weil eine Einführung der Gaspreisbremse für viele Versorger erst ab März umsetzbar ist.“
Grimm erwartet „massive Kostensteigerungen“
Nach Ansicht von Grimm könnte die Einführung einer rückwirkenden Gaspreisbremse zum 1. Februar technisch möglich sein, wenn die Versorger den Rabatt nicht sofort von der Abschlagszahlung abziehen müssten, sondern nachträglich gutschreiben könnten. „Man sollte aber sehr vorsichtig sein und die Gaskunden nicht gegenüber anderen Haushalten bevorzugen“, warnte die Wirtschaftsweise, die eine Gerechtigkeitsdebatte befürchtet. „Eine Vorziehung der Gaspreisbremse könnte eine gesellschaftliche Schieflage erzeugen.“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Der Newsletter mit persönlichen Eindrücken und Hintergründen aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Grimm erwartet beim Gas „massive Kostensteigerungen“. Die Preise im Großhandel hätten sich verzehnfacht, sagte sie. So hätte eine Kilowattstunde früher 7 Cent gekostet, nun seien Neukunden mit Preisen von 20 bis 30 Cent pro Kilowattstunde konfrontiert. „Die zusätzliche Kostenbelastung muss abgefedert werden, aber nicht auf das historische Niedrigniveau von 7 Cent“, mahnte Grimm. „Eine gewisse Preissteigerung muss von den Verbrauchern getragen werden.“
Alle Personen, die darüber hinaus Entlastungen benötigten, sollten über die Härtefallregelung zielgenaue Hilfen bekommen. „Auch die Heizöl- und Heizpelletskunden, die wirklich unter den Preisen leiden, sollten über diese Regelung Entlastungen erhalten, aber eben nicht alle“, forderte die Wirtschaftswissenschaftlerin.
Auf die Härtefallregelung hatten sich Bund und Länder ebenfalls geeinigt. Hierfür plant der Bund 12 Milliarden Euro ein – die genaue Ausgestaltung ist noch unklar. VdK-Chefin Bentele drang insbesondere für den Januar und Februar auf einen Härtefallfonds. „Wir fordern die Übernahme der tatsächlichen Kosten“, sagte sie.
Derweil sorgen sich die Kliniken, die 8 Milliarden Euro aus dem Topf erhalten sollen, dass die Mittel nicht rechtzeitig ankommen könnten. „Diese Entscheidung muss jetzt schnell umgesetzt werden, so dass spätestens im Januar Geld fließt“, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, dem RND.
49‑Euro-Ticket: mehr Personal gefordert
Mit den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz ist der Weg für das 49‑Euro-Ticket frei. Der Bund hatte eine Milliarde mehr für den Nahverkehr zugesagt und die Länder von einer dauerhaften, hälftigen Finanzierung des Tickets überzeugt. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates von DB Regio, Ralf Damde, begrüßte die Finanzzusagen des Bundes, betonte aber, dass diese nicht ausreichten. „Durch das 49‑Euro-Ticket wird ein Großteil der Verkehrsverbünde nicht mehr gebraucht. In der Konsequenz sollten einige Verkehrsverbünde geschlossen und zusammengelegt werden, damit das dadurch gesparte Geld in den ÖPNV investiert werden kann“, schlug er vor.
Damde begrüßt die Einführung des 49‑Euro-Tickets. „Ich erwarte aber, dass Bund und Länder schnellstmöglich Lehren aus den drei Monaten mit dem 9‑Euro-Ticket ziehen. In der Verkehrsbranche muss das Personal deutlich aufgestockt werden“, so der Betriebsratschef. „Wir brauchen mehr Personal in den Zügen, auf den Bahnsteigen und mehr Reinigungskräfte. Dafür muss der Beruf durch bessere Arbeitsbedingungen, etwa genügend Pausen und bessere Bezahlung, attraktiver gemacht werden.“