Bundesaufträge nur noch an tariftreue Unternehmen: DGB fordert breite Anwendung
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Eine Fahne des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB wird von einer Frau gehalten auf dem Pariser Platz in Berlin,
© Quelle: imago images/photothek
Berlin. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat eine breite Anwendung des neuen Bundestariftreuegesetzes unter anderem auf Unternehmen mit Bundesmehrheitsbeteiligungen sowie auf Kulturförderprogramme verlangt. „Zum Anwendungsbereich müssen ausdrücklich auch Unternehmen gehören, an denen der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hält beziehungsweise diese finanziell fördert“, heißt es unter anderem in einem Positionspapier, das diese Woche vom DGB beschlossen wurde und dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. „Die Regelungen müssen branchenübergreifend, also auch für Bau-, Liefer- und Dienstleistungen sowie für die Konzessionsvergabe, gelten“, betonte die Gewerkschaft. „Ebenso müssen sie Anwendung finden auf die Vergabe von Wirtschafts- und Kulturförderung sowie die Vergabe von Forschungs- und Weiterbildungsgeldern.“
Die Bundesregierung will zeitnah ein neues Gesetz verabschieden, wonach Aufträge des Bundes künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die Tarifbedingungen einhalten. Das RND hatte am Montag exklusiv über einen Referentenentwurf aus dem Haus von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) berichtet. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Laut Entwurf will das Arbeitsministerium auf Antrag der Gewerkschaften oder Arbeitgebervereinigungen Rechtsverordnungen aufsetzen, die die „verbindlichen Arbeitsbedingungen“ regeln. Für die Zeit des Auftrages müssen sich die Firmen daran halten.
Körzell: Aufgabe des Bundes, selbst die Bedingungen seiner Aufträge festzulegen
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell begrüßte das Gesetz sehr, verlangte aber, dass das Arbeitsministerium selber festlegt, welche Regeln für die verschiedenen Branchen gelten sollen. „Was für mehr Tariftreue nicht hilft, sind die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geplanten Antragsverfahren: Gewerkschaften und Arbeitgeber sollen Anträge stellen, damit das Ministerium dann Firmen per Verordnung zu tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen und Bezahlung verpflichten kann“, sagte der Gewerkschafter dem RND. „Das nennt man auch ‚von hinten durch die Brust ins Auge‘“. Es sei Aufgabe des Bundes, selbst die Bedingungen seiner Aufträge festzulegen, mahnte Körzell. Außerdem enthalte das Gesetz zu viele Ausnahmen und Schlupflöcher, kritisierte er weiter. „Das darf nicht dazu führen, dass die Tariftreue ins Leere läuft.“
Der DGB forderte zudem die Verankerung eines speziellen Mindestlohns für die Branchen, in denen es keine zentralen Tarifverträge gibt. „In Bereichen, in denen kein maßgeblicher Tarifvertrag existiert, kann eine Tariftreueregelung ins Leere laufen“, heißt es in dem Positionspapier weiter. Ziel der Tariftreueregelung sei auch der Schutz der Beschäftigten vor Billigangeboten. Der Rückzug auf die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes sei für das Erreichen dieser Ziele nicht geeignet, mahnte der DGB. „Es sollte daher ein vergabespezifischer Mindestlohn in für den Schutz der Beschäftigten angemessener Höhe greifen, der regelmäßig nach oben anzupassen ist.“ Hintergrund ist, dass die Gewerkschaft auch für Branchen, in denen keine Tarifverträge gelten, einen höheren Stundenlohn als 12 Euro erreichen will.
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Zudem mahnte der DGB regelmäßige Kontrollen durch eine Beratungsstelle des Bundes an sowie bei einem Bruch der Tarifbedingungen Konsequenzen. Die Gewerkschaften nennen dabei unter anderem Bußgelder, Vertragsstrafen, Sonderkündigungsrecht für Auftraggeber und den Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren.
Seit Jahren sinkt der Anteil der Beschäftigten mit Tarifverträgen in Deutschland. Die Bundesregierung will mit dem Gesetz einen Anreiz für Unternehmen schaffen, nach Tarif zu zahlen.