Ukraine-Corona-Gipfel: Darauf haben sich Scholz und die Ministerpräsidenten geeinigt
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Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey.
© Quelle: imago images/Bernd Elmenthaler
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Bund-Länder-Treffen erneut den Angriffskrieg Putins kritisiert. „Bund und Länder sind sich einig: Wir verurteilen diesen furchtbaren Krieg, den Russlands Präsident Putin vom Zaun gebrochen hat, mit aller Schärfe“, sagte Scholz am Donnerstag in Berlin. Man sei sich einig, dass man die geflüchteten Menschen unterstützen müsse. „Es werden sehr viele sein“, kündigte Scholz an. Die Menschen dürfen sofort eine Arbeit aufnehmen und die Kinder hier zur Schule gehen, so Scholz.
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NRW-Ministerpräsident Wüst forderte die Geschlossenheit des Westens gegenüber Putin. Die Länder seien sich einig, dass die Sanktionen durchgesetzt und gegen das Umgehen der Sanktionen vorgegangen werden müsse. Die Hilfe für die Geflüchteten sei eine enorme Aufgabe und die Aufnahme der Menschen sei ein „Kraftakt“ für die Kommunen. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey verwies auf den Fachkräftemangel in Deutschland und darauf, dass viele Menschen aus der Ukraine arbeiten wollen. „Diese Chance müssen wir nutzen“, sagte sie am Donnerstag. In Berlin kommen laut der Regierungschefin mehr als 10.000 Menschen am Tag an.
Auf diese Maßnahmen haben sich Bund und Länder geeinigt
Im Zuge des Krieges gegen die Ukraine haben sich Bund und Länder auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket geeinigt, das vor allem der Hilfe der Ukrainerinnen und Ukrainer dient. Das sind die wichtigsten Punkte im Überblick, die in einem Beschlusspapier der Bundesregierung zusammengefasst wurden:
- Bund und Länder wollen Angriffe gegen russische Bürgerinnen und Bürger strafrechtlich konsequent verfolgen. Es gebe keine Rechtfertigung, Menschen, „die aus Russland stammen oder Russisch sprechen, zu beschuldigen, zu beleidigen oder gar körperlich anzugreifen“, heißt es im Beschlusspapier.
- Die Sanktionen, die bereits gegen Russland verhängt worden sind, sollen „wirksam und konsequent umgesetzt werden“. Der Bund prüfe darüber hinaus, weitere Sanktionen zu verhängen, was die Länder unterstützen.
- Geflüchtete aus der Ukraine sollen schnellstmöglich Hilfe und Unterstützung von Bund und Ländern erhalten. Eine Bitte der Länder an den Bund ist, sich dafür einzusetzen, dass die Geflüchteten gerecht verteilt werden. Gemeinsam wollen Bund und Länder daran arbeiten, die Registrierung der Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland zu beschleunigen. Die Verantwortlichen wollen außerdem für den Schutz der Geflüchteten einstehen.
Ukrainische Geflüchtete im Rollstuhl finden in Baden-Württemberg ein Zuhause
Roman sitzt im Rollstuhl und kommt aus der Ukraine. Er und 36 andere Menschen mit Behinderung konnten mit Unterstützung anderer Menschen fliehen.
© Quelle: epd
- Für eine bessere Verteilung der Flüchtenden sind die Innenminister und Innenministerinnen der Länder verantwortlich. Dies soll nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgen, wonach die Menschen zu zwei Dritteln nach dem Steueraufkommen der Länder und zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl aufgeteilt werden. Der Transport und die Verteilung der Menschen liegt dabei in der Hand des Bundes, dann übernehmen die Länder.
- Ukrainerinnen und Ukrainern soll unmittelbar nach der Ankunft eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Federführend für die Vermittlung zuständig ist die Agentur für Arbeit. Der Bund passt unter anderem darüber hinaus Angebote zum Sprachenlernen und zur Kinderbetreuung an. Die Länder kümmern sich außerdem darum, dass ukrainische Kinder schnellstmöglich in den Schulen integriert werden.
- Bund und Länder sind sich einig, dass die Energiewende und die Unabhängigkeit von Russland schnellstmöglich gelingen müssen. Zu möglichen Alternativen zählt unter anderem Flüssiggas (LNG).
- Am 7. April kommen die Vertreterinnen und Vertreter erneut zusammen, um über die aktuelle Lage zu sprechen.
Zoff bei Corona-Beschlüssen
Im Zuge der Konferenz haben Bund und Länder auch über die aktuelle Corona-Lage diskutiert. „Die Corona-Pandemie ist nicht vorbei“, so Kanzler Scholz. Dies merke man auch gegenwärtig, denn die Infektionszahlen in Deutschland steigen. Aber die Situation in den Kliniken würde sich nicht so dramatisch entwickeln wie in früheren Phasen der Pandemie. Jetzt trete Deutschland in eine neue Phase ein, in der viele Regeln wegfielen. Masken in Bussen und Bahnen sowie in Kliniken und Pflegeeinrichtungen sollen aber weiterhin verpflichtend sein. Es gelte ein Basisschutz und in Regionen mit hohen Inzidenzen sollen auch weitere Maßnahmen möglich sein.
„Abstand, Maske, Testen – das ist mit Basisschutz gemeint“, machte NRW-Chef Wüst klar. Er kritisierte, dass in vielen Bereichen des Alltags die Maskenpflicht abgeschafft werden soll. Zudem brauche Deutschland schnelle Reaktionszeiten. Der Gesetzentwurf, der am Freitag im Bundestag beschlossen werden soll, bewirke aber das Gegenteil. „Er ist viel zu kompliziert, um schnell zu reagieren“, kritisierte Wüst. Zudem seien die Regelungen rechtlich unsicher und praktisch nicht nutzbar, so Wüst mit Blick auf die Hotspot-Regelung. Auch andere Länderchefinnen und ‑chefs haben Scholz angegriffen.
Die Länder seien nicht in die Erstellung des Gesetzes miteinbezogen worden, so die Kritik des NRW-Ministerpräsidenten. Dieser Kritik haben sich in einer Protokollerklärung auch Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein angeschlossen. Scholz appellierte an die Menschen, freiwillig Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.
Giffey erklärte, dass auch über den 31. März hinaus, wenn die Testverordnung ausläuft, eine Regelung für das Testen gelten müsse. Die Quarantäneregelungen müssten womöglich ebenfalls angepasst werden, forderte Giffey, weil viele Menschen erkrankten, aber symptomlos seien. Sie stelle sich die Frage, ob eine Quarantäne in diesen Fällen noch „zeitgemäß“ sei. Wenn sich die Infektionslage verschlechtere, müsse der Bundestag mit einer Verschärfung des Gesetzes reagieren.
Darauf hatten sich mehrere Bundesländer in einer Protokollerklärung zu den Ergebnissen des Gipfels geeinigt. Auch Kanzler Scholz ergänzte, man sei bereit, bei zunehmendem Infektionsgeschehen das Gesetz erneut anzupassen.
RND/scs/ch