Das Bund-Länder-Treffen und die Corona-Politik: Der Kanzler will nach „Winterreifen“ suchen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RQ3W6CDW5ZHA7A775WUCHVQ2AQ.jpeg)
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt zusammen mit Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, an der Pressekonferenz nach der Ministerpräsidentenkonferenz teil.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Der Kanzler wählt ein präzises Bild zur Corona-Politik, verdeckt damit aber auch, dass es wenig Konkretes an Beschlüssen zu vermelden gibt. „Wir haben jetzt Sommerreifen drauf“, sagt er bei der Pressekonferenz nach dem Treffen mit den Ministerpräsidenten von Bund und Ländern. „Es geht darum, dass wir die richtigen Winterreifen bereithaben, wenn es darauf ankommt“, fügt er hinzu. Falls es eine „sehr eisige Landschaft“ werde, würden dann vielleicht noch weitere Möglichkeiten gebraucht.
Es sind Zeiten, in denen das Normale schon das Besondere ist. Das Treffen fand, erstmals seit Längerem, wieder vollständig in Präsenz statt – und nicht als Videoschalte. Scholz sprach im Nachhinein von einem „großen Familientreffen“. Und: Bei der Zusammenkunft der Länderchefinnen und Länderchefs handelte es sich diesmal um eine reguläre Ministerpräsidentenkonferenz. Das Ganze stand also ohnehin im Terminplan – und ist, anders als es zuletzt so oft war, kein Sondertreffen wegen der zahlreichen Krisen. Um genau die ging es am Ende aber natürlich trotzdem.
Corona: Die Länder machen Druck, dass die Vorbereitungen auf eine mögliche Corona-Welle im Herbst nicht zu spät erfolgen dürfen. „Wir wollen kein weiteres Hin und Her zwischen Lockdown und Lockerungen“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hendrik Wüst (CDU) mit Blick auf den Herbst. Scholz steht beim Thema Corona allerdings vor der Schwierigkeit, dass er sich erst einmal mit der FDP einigen muss, die weiteren Anti-Corona-Maßnahmen deutlich skeptischer gegenübersteht als SPD und Grüne.
Scholz: Keine erneuten flächendeckenden Schließungen von Schulen und Kitas im Corona-Herbst
Bundesregierung und Bundesländer wollen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass es einen guten Betrieb im Corona-Herbst in Kitas und Schulen geben wird.
© Quelle: Reuters
„Im Infektionsschutzgesetz und im Arbeitsschutzgesetz sollen rechtzeitig die Rechtsgrundlagen für gegebenenfalls nötige Maßnahmen für den Herbst/Winter geschaffen werden“, heißt es in der Beschlusspassage der Ministerpräsidentenkonferenz zu Corona, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. „Bund und Länder werden auf der Grundlage eines Vorschlags der Bundesregierung hierzu die Beratungen aufnehmen.“ Den Ländern ist wichtig, dass hier betont wird, dass sie einbezogen werden sollen – damit waren sie bei der letzten Überarbeitung des Infektionsschutzgesetzes unzufrieden.
Insgesamt ist der Beschluss zu Corona wenig konkret. Immerhin: Der Bund verspricht, für ein ausreichendes Angebot an Impfstoffen zu sorgen und dass Impfzentren vom Bund weiter zu 50 Prozent finanziert werden. Die Länder bitten den Bund darum, die Finanzierung der kostenlosen Bürgertests auch über den 30. Juni 2022 hinaus sicherzustellen. Die Fragen, wie es im Herbst um Instrumente wie eine mögliche Pflicht zum Maskentragen im öffentlichen Raum, Abstandsregeln oder auch die Schutzmaßnahmen in den Schulen stehen wird, sind bislang unbeantwortet.
Inflation und Energiepreise: Das, was aus dem Krieg in der Ukraine wirtschaftlich und sozial folgt, treibt die Länder stark um. Die Länder dringen angesichts von Inflation und Energiepreisen auf weitere Entlastungen insbesondere für die Rentnerinnen und Rentner. Dies betonten Wüst und die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), gemeinsam. Scholz sagte, die aktuellen Entlastungen würden insbesondere im kommenden Jahr nicht ausreichen.
Der Krieg und wirtschaftliche Folgen: Sachsen, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wiesen in einer Protokollerklärung auf Herausforderungen durch das Ölembargo gegen Russland hin. Die ostdeutschen Länder machten deutlich, sie erwarteten von der Bundesregierung, dass im Vorfeld der Umsetzung des Ölembargos Maßnahmen getroffen werden, die eine vollumfängliche Versorgung der Raffinerien in Leuna und Schwedt mit anderweitigem Rohöl sicherstellen. Es gehe dabei auch um die Versorgungssicherheit Ostdeutschlands.
Naturkatastrophen: Der Schock über die Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sitzt weiter tief. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben sich mit der Frage beschäftigt, wie künftig verhindert werden kann, dass materielle Schäden Menschen in Existenznöte bringen. Die Länder bitten nun den Bund, die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für alle Gebäudebesitzer zu prüfen.
Laden Sie sich jetzt hier kostenfrei unsere neue RND-App für Android und iOS herunter.