EU-Kommission verklagt Ungarn wegen Diskriminierung von Homo- und Transsexuellen
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Flaggen der Europäischen Union wehen im Wind (Archivbild)
© Quelle: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Brüssel. Die EU-Kommission verklagt Ungarn wegen mutmaßlicher Verstöße gegen EU-Recht gleich zwei Mal vor dem Europäischen Gerichtshof. Dabei geht es zum einen um ein Gesetz zur Einschränkung von Informationen über Homosexualität und Transsexualität, wie die Behörde am Freitag in Brüssel mitteilte. Der andere Fall betrifft das Vorgehen der ungarischen Behörden gegen den unabhängigen Radiosender Klubradio.
Die EU-Kommission überwacht die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in der Staatengemeinschaft. Sollte Ungarn sich nicht an die nun zu erwartenden EuGH-Urteile halten, drohen hohe Geldstrafen. Kritiker werfen dem rechtsnationalen Regierungschef Viktor Orban schon lange vor, neben den Rechten von Minderheiten auch demokratische Institutionen und die Pressefreiheit auszuhöhlen, sich die Justiz Untertan gemacht zu haben und Ressentiments gegen Ausländer zu schüren.
In einer ersten Reaktion nannte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, die Klagen zwar richtig. „Doch sie kommen zu spät für die Demokratie in Ungarn“, sagte die SPD-Politikerin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die EU-Kommission habe „jahrelang verschlafen“, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orbán die Demokratie abbaue. Jetzt müsse die Kommission so schnell wie möglich die Fördergelder für Ungarn kürzen, forderte Barley.
Das Homosexuellen-Gesetz hatte Orban schon im vergangenen Jahr heftigen Gegenwind in der EU beschert. „Dieses ungarische Gesetz ist eine Schande“, sagte EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen damals. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte machte deutlich, dass er für Ungarn keinen Platz mehr in der EU sieht, wenn die Regierung in Budapest so weitermacht.
Gesetz in Ungarn: seit Juli 2021 in Kraft
Das Gesetz trat im Juli 2021 in Kraft. Es verbietet Publikationen, die Kindern zugänglich sind und nicht-heterosexuelle Beziehungen darstellen. Auch wird Werbung verboten, in der Homosexuelle oder Transsexuelle als Teil einer Normalität erscheinen. Orban selbst wies jede Kritik an den neuen Regeln zurück - und behauptete, er verteidige vielmehr die Rechte von Homosexuellen.
Die EU-Kommission ist jedoch vielmehr der Ansicht, dass das Gesetz unter anderem Minderheiten auf Grundlage ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert sowie gegen Grundrechte und EU-Werte verstößt. Deshalb leitete die Behörde vor genau einem Jahr ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Budapest räumte die Bedenken derweil jedoch nicht aus.
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Gleiches gilt für das Vorgehen gegen das Klubradio, den wohl letzten professionellen unabhängigen Radiosender des Landes. Der Sender musste im Februar 2021 den UKW-Sendebetrieb einstellen, weil die regierungsabhängige Medienbehörde die Sendelizenz nicht verlängert hatte. Seit dem Amtsantritt des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Orban 2010 war der private Sender regelmäßig Repressionen seitens der Medienbehörde ausgesetzt. Unter anderen durfte er vor dem Lizenz-Entzug nur noch im Großraum Budapest senden. Derzeit verbreitet das Klubradio sein Programm nur noch über das Internet – allerdings mit deutlich geringerer Reichweite.
Barley: EU-Kommission reagiert zu spät
Barley kritisierte, dass die EU-Kommission zu spät auf die Vorgänge in Ungarn reagierte. „Orbán hat den letzten unabhängigen Radiosender schon vor über einem Jahr dicht gemacht, das Wahlrecht ist manipuliert, Justiz und Verwaltung sind in Orbáns Hand“, sagte die frühere Bundesjustizministerin.
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Das neue Leben zwischen Stolz und Angst
In Moskau geht das Leben vordergründig seinen gewohnten Gang – auch ohne McDonald’s und H&M. Doch für viele Russinnen und Russen ist das Leben nicht mehr das gleiche wie vor dem 24. Februar. Denn manch liebgewonnene Gewohnheit wird eben doch vermisst, und die neue Konfrontation mit dem Westen löst bei vielen Menschen trotz aller Propaganda widersprüchliche Gefühle aus. Beobachtungen aus einem Land im unterschwelligen Ausnahmezustand.
Die Kommission habe aber die Möglichkeit, Fördergelder für Orbán zu kürzen. „Das muss sie endlich tun“, sagte Barley: „Es ist das Einzige, was Orbán davon abhalten kann, weiter die europäischen Grundwerte mit Füßen zu treten.“
Die EU-Kommission begründete die EuGH-Klage am Freitag damit, dass Ungarn die Regeln zur Verlängerung der Sendefrequenz in einer unangemessenen und diskriminierenden Weise angewendet habe.
RND/fra/dpa