Gerhart Baum fordert: Die FDP muss in der Russland-Politik den Druck auf die SPD erhöhen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/AIA5NI4355GLTP4T4NT5BI57OE.jpg)
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) wirft der SPD Zweideutigkeit in der Russland-Politik vor und macht sich Sorgen um die Stabilität der Ampelkoalition.
© Quelle: IMAGO/Metodi Popow
Berlin. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat seine Partei aufgefordert, den Druck auf den Koalitionspartner SPD in der Russland-Politik deutlich zu erhöhen. „Die FDP muss auf ihrem Parteitag ein deutliches Signal aussenden: Die Sozialdemokraten dürfen die Stabilität der Koalition und des Landes in dieser Weltkrise nicht dadurch gefährden, dass sie Zweifel an einem klaren Kurs gegenüber Russland lassen“, sagte Baum dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vor dem FDP-Bundesparteitag, der am Wochenende in Berlin stattfindet. „Genau das tut die SPD gerade. Für Zweideutigkeiten ist die Lage viel zu ernst.“
Baum betonte: „Die kaum verdeckte Unzuverlässigkeit eines Teils der Sozialdemokraten und ihre Neigung, Wladimir Putin in seinen wahren Absichten zu verkennen, sind eine Gefahr.“ Er ergänzte: „Es darf kein Vertrauen darin geben, dass man sich mit Putin irgendwie verlässlich einigen könnte.“ Uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine sei das Gebot der Stunde.
Was würde Willy Brandt tun?
„Die nüchterne Ostpolitik von Walter Scheel und Hans-Dietrich Genscher muss auch heute Maßstab sein – nicht nur für die FDP“, sagte Baum, der von 1978 bis 1982 Innenminister in der sozialliberalen Koalition im Kabinett von Helmut Schmidt (SPD) war. Der 89-Jährige erklärte: „Willy Brandt würde sich vermutlich heute in diesem Weltkonflikt der Demokratien mit vielen gefährlichen autoritären Entwicklungen, weltweit und nicht nur in Russland, nicht anders verhalten als Olaf Scholz, die FDP und die Grünen.“ Das müsse auch die SPD verstehen.
Baum warnte: „Es war auch für mich ein Trauma. Die SPD hat in Sachen Russland-Politik schon einmal einen Kanzler desavouiert und zu seinem Sturz beigetragen, als sie 1982 gegen den Nato-Doppelbeschluss antrat – und damit gegen Helmut Schmidt.“ Die Regierung Schmidt/Genscher habe durch Aufrüstung zur Abrüstung und letztlich zum Zusammenbruch der Sowjetunion beitragen wollen. Das sei dann durch Helmut Kohl (CDU) und Hans-Dietrich Genscher (FDP) geschehen. Die SPD habe sich damals diesem Kurs verweigert, sagte Baum.
Die SPD sollte das Schicksal von Helmut Schmidt vor Augen haben.
Gerhart Baum (FDP),
früherer Bundesinnenminister
„Die SPD sollte das Schicksal von Schmidt vor Augen haben“, sagte Baum. „Ein wichtiger Test ist die Verfassungsänderung für den 100-Milliarden-Kredit zur Ertüchtigung der Bundeswehr“, ergänzte er. „Er darf nicht an der SPD scheitern.“
Es sei an der Zeit für eine „ehrliche Aufarbeitung einer gescheiterten Appeasement-Politik, die Russland gestärkt und zum Völkerrechtsbruch ermutigt hat“, forderte Baum. Auch die Union sollte sich mit denen in ihren Reihen auseinandersetzen, die Putin hofiert und verharmlost hätten, sagte er.