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Fragen und Antworten

Erster Getreidefrachter verlässt Ukraine: Darum sind die Exporte so wichtig für die Welt

Erntereifer Weizen leuchtet auf einem Getreidefeld bei Nieder-Erlenbach vor blauem Himmel. (Symbolbild)

Erntereifer Weizen leuchtet auf einem Getreidefeld bei Nieder-Erlenbach vor blauem Himmel. (Symbolbild)

Seit Ende Februar herrscht Krieg in der Ukraine, und inzwischen ist klar: Die russischen Angriffe auf das Land werden nicht so schnell enden. Nach einer langen Blockade der ukrainischen Häfen haben sich Kiew und Moskau aber Ende Juli auf ein Abkommen geeinigt. Dieses soll den Weg zur Freigabe von Getreide und anderen Agrarprodukten aus ukrainischen Häfen ebnen. Am Dienstag war das erste beladene Schiff aus der Ukraine in Istanbul angekommen.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Mit der Vereinbarung ist es auch Russland trotz Sanktionen erlaubt, Getreide und Düngemittel auszuführen. Warum die beiden Staaten so wichtig für den weltweiten Export sind und in welchen Ländern das Getreide sehnsüchtig erwartet wird, zeigt unser Überblick.

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Warum sind Russland und die Ukraine so wichtig für die weltweite Getreideversorgung?

Die Ukraine und Russland sind in Sachen Getreideexporte echte Schwergewichte. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) produzierte die Ukraine im Jahr 2020 etwa 64,3 Millionen Tonnen Getreide. Damit liegt das Land im weltweiten Vergleich auf Platz neun. Mehr Gerste, Hafer, Hirse, Mais, Reis, Roggen und Weizen wurden nur in China (615,5 Millionen Tonnen), den USA (434,9), Indien (335), Russland (130), Brasilien (125,6), Argentinien (86,6), Indonesien (77,1) und Kanada (65) geerntet. Die weltweite Abhängigkeit zeigte sich aber erst bei den Exporten.

So führte die Ukraine 2020 insgesamt 6,9 Millionen Tonnen Sonnenblumenöl aus, was 44 Prozent der weltweiten Exportmenge entsprach. Direkt dahinter lag Russland mit 3,2 Millionen Tonnen (20,5 Prozent). Gleichzeitig entfielen mit 5,4 Millionen Tonnen über die Hälfte des global exportierten Sonnenblumenkuchens auf die Ukraine (50,8 Prozent). Russland steuerte weitere 17,9 Prozent (1,9 Millionen Tonnen) bei. Sonnenblumenkuchen dient als Rohstoff zur Herstellung von Tierfutter.

Beim weltweiten Export von Weizen kam die Ukraine auf einen Anteil von 9,1 Prozent (18,1 Millionen Tonnen; Platz acht), Russland belegte Platz eins mit einem Anteil von 18,8 Prozent (37,3 Millionen Tonnen). Bei Mais spielt Russland mit 2,3 Millionen Tonnen und einem Anteil von 1,2 Prozent (Platz elf) eine eher untergeordnete Rolle. Dagegen steuerte die Ukraine 14,5 Prozent der weltweiten Exporte (28 Millionen Tonnen; Platz vier) bei. Auch bei den Gersteexporten belegten die Ukraine (13,3 Prozent; Platz zwei) und Russland (13,1 Prozent; Platz drei) Spitzenplätze. Auf Platz zwei war die Ukraine auch bei Rapssaat (9,5 Prozent), Russland auf Platz neun (2,6 Prozent).

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Wie viel Getreide lagert noch in der Ukraine?

Wegen der russischen Invasion im Februar hängen Millionen Tonnen Getreide und andere Agrarprodukte an den Häfen am Schwarzen Meer fest. Seit Wochen wird dabei von 22 Millionen Tonnen gesprochen. Inwieweit diese Zahl noch aktuell ist, lässt sich nicht überprüfen. Immer wieder kam es zu russischen Angriffen auf Lager und Silos. Gleichzeitig transportiert die ukrainische Bahn rund 800.000 Tonnen Getreide im Monat. Die genaue Zahl lässt sich daher schwer bestimmen. Expertinnen und Experten gehen aber weiter von über 20 Millionen Tonnen aus.

Das am Dienstag in Istanbul angekommene Schiff war mit rund 26.000 Tonnen Mais beladen. Nach der Freigabe von Experten soll der Frachter den Bosporus passieren und über das Mittelmeer weiter in den Libanon fahren. Einer Mitteilung des ukrainischen Infrastrukturministeriums zufolge warten aktuell weitere 17 bereits beladene Schiffe auf die Erlaubnis, ablegen zu können. Nach Angaben der UN soll die Ausfuhr aus den Häfen bei Einhaltung der Vereinbarung bald das Vorkriegsniveau von etwa fünf Millionen Tonnen pro Monat erreichen.

Nach Inspektion: Getreide-Frachter aus Ukraine darf weiterfahren
03.08.2022, Türkei, Istanbul: Vertreter der Ukraine, Russland, der Türkei und der Vereinten Nationen treffen zur Inspektion am Frachtschiff Razoni ein. Die unter der Flagge Sierra Leones fahrende Razoni, die mit 26.000 Tonnen Mais beladen ist, ist das erste Frachtschiff, das die Ukraine seit der russischen Invasion verlässt und am Montag, dem 1. August 2022, in Odessa in See stach. Sein Endziel ist der Libanon. Foto: Emrah Gurel/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der ukrainische Getreidefrachter „Razoni“ musste vor der Weiterfahrt in Istanbul von Experten inspiziert werden. Nun erhielt er die Freigabe.

Sinken jetzt die Getreidepreise?

Der Krieg hat den Preis für Getreide in die Höhe schießen lassen, über 400 Dollar kostete eine Tonne Weizen zwischenzeitlich. Mit dem Abkommen könnte eine Entspannung auf dem Markt einhergehen. Allerdings beeinflussen noch andere Faktoren den Preis für Getreide auf dem Weltmarkt, wie etwa die Corona-Pandemie oder Missernten aufgrund von Dürren.

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Wie viel Getreide will die Ukraine 2022 produzieren?

Trotz des russischen Angriffskriegs hatte die Ukraine nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmyhal Anfang Juni 75 Prozent der Vorjahresflächen bestellt. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fällt die Getreideernte in seinem Land im Vergleich zu früheren Jahren aber erheblich reduzierter aus. Die ukrainische Ernte laufe Gefahr, nur halb so groß auszufallen, erklärte Selenskyj bei Twitter. Es werde jedoch an Wegen gearbeitet, das verfügbare Getreide zu exportieren, um eine globale Nahrungsmittelkrise zu vermeiden.

Das US-Angriffsschiff „Kearsarge“ im Großen Belt. 

Muskelspiele in der Ostsee: Die US Navy schickt Kampfgruppe vor die norddeutsche Küste

Russland schickte zuletzt eines seiner Atom-U-Boote auf die Durchfahrt durch die Ostsee. Nun reagieren die USA – und entsenden ihrerseits Kampfverbände in die Gewässer vor der norddeutschen Küste. Das Zusammenziehen der Einheiten erfolgte sehr kurzfristig.

Welche Probleme hat die Getreideblockade verursacht?

Die vorherige Blockade der Schiffe hatte zu einem weltweiten weiteren Anstieg der ohnehin hohen Preise für Lebensmittel geführt sowie Hunger und politische Instabilität in Schwellenländern verschärft. Wegen der ausbleibenden Ausfuhren und den auch dadurch steigenden Lebensmittelpreisen hat sich die Hungerkrise in vielen Ländern verschärft. Nach Angaben der UN hungern etwa 50 Millionen Menschen zusätzlich infolge des Krieges.

Erschwerend kam hinzu, dass Russland als größter Weizenexporteur der Welt Mitte März einen befristeten Ausfuhrstopp von Getreide verhängte. Dieser war bis Ende Juni angekündigt. Inwieweit das Land wieder mit dem Export von Weizen, Gerste und Roggen lässt sich nicht eindeutig prüfen.

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Welche Staaten sind besonders von Knappheit betroffen?

Vor allem ost- und nordafrikanische Länder waren vor dem Krieg von Lieferungen aus den beiden Ländern stark abhängig. So bezog etwa Somalia noch im Jahr 2020 laut UN-Angaben 100 Prozent seines Weizens aus der Ukraine und Russland. Laut den Vereinten Nationen sind in dem Land derzeit Hunderttausende Menschen von Hunger und Tod bedroht, weil es dort zu wenig regnet und es seit Jahren massive Ernteausfälle gibt. Weitere Länder, deren Weizenimporte sehr stark von der Ukraine und Russland abhingen, sind Benin, Laos, Ägypten und der Sudan.

Welche Länder sind besonders von ukrainischem Getreide abhängig?

Vor allem Ägypten bezieht einen großen Teil seines Getreides aus der Ukraine. Laut des Internationalen Handelszentrums stammten im Jahr 2020 rund 17 Prozent aller Getreideimporte aus dem heutigen Kriegsland. Auch Indonesien bezog 15,1 Prozent aller Getreideeinfuhren aus der Ukraine. Dahinter folgten Bangladesch (8,4 Prozent), Pakistan (6,9 Prozent), Türkei (5,6 Prozent) und Marokko (5,3 Prozent).

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Mit Material von dpa und AP

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