Hamburger Hafen und mehr: Wie China in Deutschland Einfluss nimmt
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Chinas Präsident Xi Jinping.
© Quelle: Getty Images
Berlin. Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter (Grüne), war auch am Freitag noch konsterniert. „Die Entscheidung, Teile des Hamburger Hafens an China zu verkaufen, ist ein schwerer geostrategischer Fehler“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf das Votum von Kanzler Olaf Scholz (SPD). „Denn wir sollten eigentlich aus den Fehlern der vergangenen 20 Jahre im Umgang mit Russland gelernt haben, dass man sich nicht von autoritären oder diktatorischen Regimes abhängig macht.“ Hofreiter mahnte: „Deshalb muss die Entscheidung so gefällt werden, dass der Hamburger Hafen nicht verkauft wird. Wenn der Kanzler in der nächsten Woche nicht bereit ist, einzulenken, muss die Entscheidung verschoben werden.“
Am Vortag war bekannt geworden, dass Scholz dafür ist, 35 Prozent der Anteile am Hamburger Hafen an das chinesische Unternehmen Cosco zu veräußern – und zwar gegen den Widerstand von sechs Ministerien, großer Teile von Grünen und FDP sowie der Union. Unisono heißt es, man müsse die Abhängigkeit von China verringern – zumal die chinesische Volkswirtschaft elfmal größer ist als die russische und entsprechend auch die Verflechtung. Dabei ist der Hamburger Hafen nur ein Beispiel dafür, wie China seinen Einfluss in Deutschland auszubauen versucht.
Zunächst übt China in Deutschland Druck auf Chinesinnen und Chinesen aus, die sich für Menschenrechte in der Heimat einsetzen. Dazu zählen laut Verfassungsschutzbericht „die nach Unabhängigkeit strebenden ethnischen Minderheiten der Uiguren und Tibeter, die regimekritische Falun-Gong-Bewegung, die Demokratiebewegung und die Befürworter einer Eigenstaatlichkeit der Insel Taiwan“.
Dazu gesellen sich chinesische Studentinnen und Studenten in Deutschland, von denen es rund 40.000 gibt. Sicherheitskreise gehen davon aus, dass sie allesamt handverlesen sind und zurückgeholt werden, sollten sie Anweisungen der Mächtigen in Peking nicht Folge leisten. Das heißt im Umkehrschluss nicht, dass allen Studierenden solchen Anweisungen unterliegen. Allerdings raten Insider, sie zumindest aus relevanten Forschungsvorhaben herauszuhalten.
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Pekings langer Arm auf den Weltmeeren: Wer ist der umstrittene Investor für den Hamburger Hafen?
Chinas staatliche Reederei Cosco hat die letzten Jahre einen spektakulären wirtschaftlichen Aufstieg hingelegt. Die mögliche Investition in Deutschlands größten Hafen ist jedoch vor allem politisch motiviert.
Ohnehin gelten die Universitäten als neuralgisch, weil China hier mithilfe der 19 Konfuzius-Institute sowie mit finanzieller Förderung aktiv wird. Das wiederum hat seinen Grund unter anderem darin, dass es die Diktatur auf westliche Technologien abgesehen hat – was wiederum in den Bereich der Wirtschaft führt.
Zunehmende Vorsicht bei Sicherheitsbehörden
Hier steht der Fall des Hamburger Hafens nicht allein. Chinesische Investoren interessieren sich regelmäßig – mal offen, mal versteckt hinter Strohmännern – für Investments in Deutschland. Oft werden sie von Sicherheitskreisen überprüft. Bisweilen kommen Investments dann nicht zustande. Jedenfalls gilt, dass chinesische Unternehmen im Zweifel stets staatlicher Kontrolle gehorchen. Dieser Punkt spielte bereits in der Debatte über die Frage eine Rolle, ob der chinesische Konzern Huawei bei der Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G einbezogen werden solle oder nicht.
Außenministerin Baerbock fordert Strategie im Umgang mit China
„Wir müssen aus den Fehlern unserer Russlandpolitik lernen“, so die deutsche Außenministerin am Dienstag auf einer Veranstaltung in Berlin.
© Quelle: Reuters
Neben Cyberangriffen und Spionageaktivitäten in Deutschland versuchen chinesische Stellen schließlich, zu deutschen Entscheidungsträgern Kontakt aufzunehmen, die China besuchen. In dem Zusammenhang können finanzielle Interessen ebenso eine Rolle spielen wie das Interesse an Aufmerksamkeit. Als Scharnier zur Pflege deutsch-chinesischer Kontakte existiert seit geraumer Zeit der Verein China-Brücke. Dessen Vorsitzender ist der einstige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).
Nicht jede Aktivität Chinas gegenüber Deutschland ist illegitim oder gefährlich. Doch seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der sichtbar gewordenen Abhängigkeit Deutschlands von Russland erscheint das Thema in einem anderen Licht – und die Sicherheitsbehörden schlagen Alarm.
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Im Auswärtigen Amt wird derweil unter der Aufsicht von Annalena Baerbock an einer neuen China-Strategie gearbeitet. Bisherige Äußerungen der Grünen-Ministerin legen den Schluss nahe, dass sie dabei näher an Hofreiter liegen wird als an Scholz.