Überraschende Argumente von Experten

Anhörung im Bundestag: Was Papiermangel mit einer möglichen Impfpflicht zu tun hat

Im Bundestag wird derzeit über die allgemeine Impfpflicht diskutiert.

Im Bundestag wird derzeit über die allgemeine Impfpflicht diskutiert.

Berlin. Expertenanhörungen im Bundestag haben in der öffentlichen Wahrnehmung einen gewissen Stellenwert, schließlich geht es darum, dass Sachverständige ihre Einschätzung zu konkreten politischen Vorhaben abgeben. Tatsächlich ist die Aussagekraft von öffentlichen Anhörungen aber nicht allzu groß, da Regierung und Opposition in der Regel nur diejenigen Experten benennen und befragen, die ohnehin ihrer Meinung sind.

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Nicht viel anders verlief die Expertenanhörung am Montag zum Thema Impfpflicht, bei dem Anfang April drei Gruppen- und zwei Fraktionsanträge im Bundestag zur Abstimmung stehen werden. Auch diesmal wurden von den verschiedenen Gruppen diejenigen Experten und Verbände befragt, die die jeweiligen Positionen unterstützen. Allerdings gab es durchaus einige Überraschungen.

Für Aufregung sorgte beispielsweise das Argument des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, die beiden Vorschläge für die Einführung einer Impfpflicht ab 18 beziehungsweise ab 50 Jahren würden schon deshalb nicht funktionieren, weil die vorgesehenen Informationsanschreiben an die Versicherten nicht bis zum 15. Mai verschickt werden könnten. Denn es bestehe in Europa ein „akuter Papiermangel, und somit fehlt Material für die rund 120 Millionen Schreiben“, warnte der Kassen-Verband.

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Unter dem Hashtag #Papiermangel wurde anschließend im Netz munter diskutiert. „Als Abgeordnete, die eine Impfpflicht ablehnt, könnte ich ja geneigt sein, froh darüber zu sein. Als Digitalpolitikerin ganz und gar nicht“, schrieb etwa die Grünen-Politikerin Tabea Rößner bei Twitter. Ein Sprecher des Wirtschafts­ministeriums betonte, über einen akuten Papiermangel lägen ihm keine Erkenntnisse vor.

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Der Spitzenverband fühlte sich daraufhin genötigt klarzustellen, dass er nicht gegen eine Impfpflicht sei. Man habe lediglich auf zu erwartende praktische Schwierigkeiten bei der geplanten Umsetzung durch die Krankenkassen hingewiesen.

Probleme bei der Umsetzung befürchtet

Und die gibt es, abgesehen vom Papiermangel, tatsächlich: So können die Kassen nicht feststellen, ob eine Versicherte oder ein Versicherter den Impfstatus aus Versehen oder mit Absicht nicht rechtzeitig meldet. Die Folge: „Millionen von Bürgerinnen und Bürgern würden zu Unrecht, trotz einer vollständigen Immunisierung, den Bußgeldstellen gemeldet werden müssen“, so der Verband der Krankenkassen.

Diese Vorschläge stehen zur Impfpflichtdebatte
dpatopbilder - 17.03.2022, Berlin: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) spricht im Bundestag zur Impfpflicht. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Der Bundestag debattiert an diesem Donnerstag erstmals über die verschiedenen Anträge für und gegen eine mögliche Corona-Impfpflicht.

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Umsetzungs­probleme befürchten auch die Amtsärztinnen und Amtsärzte. Es sei zwar wünschenswert, dass alle impfbaren Menschen in Deutschland geimpft würden. „Aktuell halten wir jedoch eine pauschale Impfpflicht für nicht kontrollierbar und damit nicht durchsetzbar“, warnte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst. „Die Gesundheitsämter werden diese zusätzliche Aufgabe, wie in einigen Entwürfen festgeschrieben, nicht leisten könnten“, stellte der Verband nüchtern fest.

Noch schwerer wiegen juristische Argumente. Robert Seegmüller, Richter am Bundes­verwaltungs­gericht, kritisierte, in den Gesetzentwürfen für die Einführung einer Impfpflicht werde damit argumentiert, es könnte im Herbst eine Überlastung des Gesundheits­wesens drohen. Das sei aber nicht hinreichend belegt. „Die lediglich abstrakte Möglichkeit reicht für einen Grundgesetz­eingriff nicht aus“, mahnte er und bezog sich dabei auf die Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit durch eine Impfpflicht.

Eine Reihe von Fachleuten und Verbänden sprach sich hingegen klar für eine Impfpflicht aus, etwa der Arbeitgeber­verband, die Krankenhaus­gesellschaft, der Städtetag und der Landkreistag. Letzterer forderte allerdings die Einrichtung eines Impfregisters, was lediglich im Fraktionsantrag der Union vorgesehen ist. Nur mit einem Register werde eine verlässliche Datengrundlage über den Impfstatus der verschiedenen Altersgruppen unserer Bevölkerung erreicht, mahnte der Verband.

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