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Kommentar zum Klimageld

Inflation abfedern: Hilfe für alle ist verlockend – und grundfalsch

Die Inflation steigt

Die Inflation steigt und das merken viele Menschen zurzeit an höheren Lebensmittelpreisen.

Die SPD ist unter Zugzwang. Und sie handelt jetzt. Genauer: Ihr Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, den Kanzler Olaf Scholz mal liebevoll ein „Schlachtross“ nannte. Um die Folgen der anhaltend hohen Inflation für einkommensschwächere Bürger einzudämmen, schlägt er ein jährliches Klimageld für Bezieher mittlerer Löhne und Gehälter sowie eine Erhöhung der Grundsicherung vor – noch bekannt als Hartz IV. Der Vorstoß ist richtig. Doch die FDP dürfte ihn kaum durchwinken.

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In der alten Bundesrepublik mit ihrer – nach Einschätzung des Soziologen Helmut Schelsky – „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ gab es Wohlstand und Aufstiegsmöglichkeiten für viele. Mit dem Wegfall zahlreicher Industriearbeitsplätze und verschärfter internationaler Konkurrenz änderte sich das. Längst hat ein wachsender Teil der Gesellschaft Mühe, über die Runden zu kommen. Und wer lange nicht mehr in Deutschland war, der wundert sich über die vielen Obdachlosen in den Großstädten.

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Grundsätzlich hilft gegen die steigenden Energiepreise, seine Ausgaben zu kalkulieren und einen Überblick über die Fixkosten zu haben.

Deutschland hat sich gemessen an anderen europäischen Staaten gut gehalten. Es profitierte in der Finanzkrise von niedrigen Zinsen und konnte so seinen Staatshaushalt sanieren. Doch kein Geringerer als Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) stellte kürzlich fest, das deutsche „Geschäftsmodell“ existiere nicht mehr. Das Geschäftsmodell war eine überproportional wettbewerbsfähige heimische Industrie, die sich auf eines nahezu blind verlassen konnte: billige fossile Energie aus Russland. Heute macht die Verbrennung fossiler Energien das Klima kaputt. Überdies fließt sie nicht mehr, wie sie soll – und wenn, dann zu horrenden Preisen. Wenn das so weitergeht, dürften die 13,4 Millionen armen Deutschen weiter verarmen. Und es könnten noch einige Millionen hinzukommen. Das ist enormer gesellschaftlicher Sprengstoff.

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Sachlich hat die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und Liberalen allerlei auf den Weg gebracht, um der Inflation zu begegnen: eine Energiepauschale von 300 Euro für alle Erwerbstätigen, einen einmaligen Kinderbonus von 100 Euro, das 9-Euro-Ticket für Bus und Bahn, den Tankrabatt auf Benzin und Diesel sowie Zuschläge für Hartz-IV-Empfänger. Der politische Nebeneffekt bestand darin, dass alle drei Parteien abgefunden wurden.

Freilich beweist Heils Vorstoß, dass das zentrale Ziel nicht erreicht wurde – jenen Menschen Geld zu geben, die es tatsächlich benötigen. So blieben Rentner unberücksichtigt. An der Sinnhaftigkeit des 9-Euro-Tickets darf man zweifeln, weil sowohl der ökologische als auch der soziale Effekt nach einem Vierteljahr verpufft. Beim Tankrabatt lachen sich die Mineralölkonzerne kaputt. Abgesehen davon gerät der Staatshaushalt unter Druck – sowie nach den Ausgaben während der Corona-Krise und bei bescheidener Wirtschaftsentwicklung an seine Leistungsgrenze. Deshalb ist Zielgenauigkeit Pflicht.

Leider sind SPD und FDP aus den letzten Landtagswahlen geschwächt hervorgegangen. Das macht sich bemerkbar. Lindner reagierte auf Heils Vorstoß nicht am Kabinettstisch, sondern via Twitter – ein Hinweis darauf, wie gereizt das Klima in der Ampel geworden ist. Dabei nutzte er die Chance, das liberale Lieblingsprojekt zurück ins Spiel zu bringen: eine Reform der Lohn- und Einkommenssteuer, von der gewiss mehr Menschen profitieren würden als jener Kreis, den Heil im Auge hat. Dass sich die Grünen auf die Seite der SPD schlagen, dürfte die Kompromissfindung erschweren.

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Im Prinzip ist es ja recht einfach: Statt einem Sammelsurium von Maßnahmen und kostenintensiven Strohfeuern sollte sich die Regierung auf eine überschaubare Zahl von Instrumenten verständigen. Und diese sollten wirklich helfen. Alles andere ist gefährlicher Luxus.

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