Interview mit Landesbischof

EKD-Beauftragter Meyns zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt: „Alle an einem Tisch“

Die EKD will die Aufarbeitung sexueller Gewalt neu aufstellen.

Die EKD will die Aufarbeitung sexueller Gewalt neu aufstellen.

Berlin. Christoph Meyns (60) ist seit 2014 Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Der Theologe gehört seit 2018 zum Beauftragtenrat der EKD zum Schutz vor sexualisierter Gewalt, seit 2020 ist Meyns Sprecher.

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Herr Bischof, die EKD will die Betroffenenbeteiligung bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt anders aufstellen. Was macht das neue Modell erfolgversprechender als das im vergangenen Jahr gescheiterte?

Das neue Beteiligungsmodell ist gemeinsam mit Betroffenen und dem Beauftragtenrat der EKD von einer Beteiligungsexpertin erarbeitet worden. Mich stimmt hoffnungsvoll, dass jetzt alle Beteiligten an einem fest installierten, gemeinsamen Tisch Platz nehmen und alle Fragen zusammen klären – ohne dass sich jemand über- oder untergeordnet fühlt. Wir wollen auch besser und strukturierter kommunizieren. Das alles muss jedoch noch in den folgenden Gesprächen konkretisiert werden.

Zuletzt haben sich auf der November-Synode Betroffene beklagt, dass ihnen zu wenig zugehört oder über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Was ändert sich daran?

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Als Kirche haben wir aus den Erfahrungen der letzten zwei Jahre gelernt, die Aufgabe der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt nicht zu unterschätzen. Die Beiratsstruktur hat bei uns nicht funktioniert – unter anderem auch deshalb, weil innerhalb des Gremiums eine große Pluralität der Haltungen, aber auch Misstrauen gegenüber kirchlichen Strukturen herrschte und Rollen unklar beschrieben waren. Darum haben wir eine Expertin für Beteiligungsstrukturen hinzugezogen. Es werden nun gemeinsam Regeln entwickelt und befolgt. So wird der Prozess der Aufarbeitung, aber auch der Prävention transparenter für alle. Es geht um das Zuhören, aber vor allem um das Miteinanderreden.

Wo bleibt dabei die Außenexpertise für den Umgang mit sexualisierter Gewalt?

Neben der Beteiligungsexpertin, die uns weiter begleiten wird, wird auch eine externe Moderation den Prozess unterstützen. Zudem wollen wir eine externe Supervision der Prozesse und ihrer Dynamiken gewährleisten. Und in das Beteiligungsforum werden dann genau die Dinge einfließen, die aktuell in unabhängigen Aufarbeitungsstudien und -formaten erforscht werden.

Dr. Christoph Meyns, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche Braunschweig.

Dr. Christoph Meyns, Landesbischof der Evangelischen Landeskirche Braunschweig.

Der Betroffenenrat, dessen Arbeit ja bislang nur ausgesetzt war, ist damit aufgelöst?

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Ja, das war auch ein Wunsch der ehemaligen Mitglieder, die an der neuen Struktur mitgearbeitet haben. Zum Neustart müsse es einen Abschluss geben. Somit hat der Rat der EKD den Betroffenenbeirat aufgelöst, um den Neubeginn zu ermöglichen.

Bislang ist es der EKD nicht gelungen, mit der unabhängigen Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung eine gemeinsame Erklärung zur Aufarbeitung abzugeben wie etwa die katholische Kirche bereits 2020. Wird es noch dazu kommen?

Da sind wir auf der Zielgeraden. Offen war zuletzt nur noch die Form der Betroffenenbeteiligung. Zum Beispiel ist in der gemeinsamen Erklärung mit der katholischen Kirche ein Beiratsmodell vorgesehen, das bei uns nicht zum Erfolg geführt hat. Es ist mit Herrn Rörig als Vorgänger von Frau Claus vereinbart worden, nun zu überlegen, wie die Ideen des neuen Modells auf EKD-Ebene in guter Art und Weise in dem anderweitig schon so weit festgezurrten Entwurf der gemeinsamen Erklärung einfließen können.

Setzten Sie ein Zeitlimit für Ergebnisse?

Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt ist für mich ein Marathon, kein Sprint. In den Landeskirchen ist dabei auch viel erreicht worden hinsichtlich der Sensibilität für das Thema, die Präventionsmaßnahmen in der Jugendarbeit und in den Kindertagesstätten. Doch die Achtsamkeit muss immer wieder erneuert werden. Und das kann immer nur wieder im Kontakt mit Betroffenen geschehen. Ich bin zuversichtlich, dass das Beteiligungsforum ein guter Baustein dafür ist, die Aufmerksamkeit für das Thema sexualisierte Gewalt hochzuhalten und gemeinsam Änderungen herbeizuführen.

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Spüren Sie den Druck, dass es nun aber klappen muss in der EKD?

Alle Beteiligten haben das gemeinsame Interesse daran, dass es in dieser neuen Struktur gelingt. Aber es gibt keine Garantie bei diesem Thema. Das habe ich gelernt. Es ist fachlich, menschlich und kirchenpolitisch komplex. Am Ende müssen die Dinge wirken, die wir gemeinsam anschieben.

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