E-Paper
„Es ist abscheulich"

Iran: Amnesty International berichtet über grausame Folterung von Kindern

Ein junger Mann protestiert in Washington gegen die Folter des iranischen Regimes (Archivbild). Menschenrechtlern zufolge sollen auch Kinder und Jugendliche unter den Opfern sein.

Ein junger Mann protestiert in Washington gegen die Folter des iranischen Regimes (Archivbild). Menschenrechtlern zufolge sollen auch Kinder und Jugendliche unter den Opfern sein.

London/Berlin. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sechs Monate nach Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran grausame Folter an Kindern und Jugendlichen dokumentiert. Demonstrantinnen und Demonstranten seien Schlägen, Auspeitschungen, Elektroschocks, Vergewaltigungen und anderer sexueller Gewalt durch Geheimdienste und Sicherheitsbehörden ausgesetzt gewesen, berichtete Amnesty in einem in der Nacht zu Donnerstag veröffentlichten Bericht.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Laut Amnesty zielte die Gewalt darauf, die Jugend des Landes zu unterdrücken und ihren Protest zu brechen. Dieter Karg, Iran-Experte bei Amnesty in Deutschland, sagte laut Mitteilung: „Es ist abscheulich, dass Beamte ihre Macht auf diese Weise gegenüber schutzbedürftigen und verängstigten Kinder missbrauchen, ihnen und ihren Familien schwere Schmerzen und Ängste zufügen und sie mit schweren körperlichen und seelischen Narben zurücklassen.“

Amnesty dokumentierte Gewalt vom Zeitpunkt der Festnahme, wo Kinder und Jugendliche in den Gefängnistransportern geschlagen und in den Haftanstalten gefoltert wurden. Dazu zählten auch Elektroschocks an Genitalien, die erzwungene Verabreichung unbekannter Tabletten sowie schwere Drohungen. Bevor sie freigelassen wurden, drohten Staatsbeamte den Kindern oft mit der Verhaftung ihrer Verwandten, falls sie sich beschwerten.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Amnesty geht von Tausenden inhaftierten Kindern aus

Laut Amnesty International wurden auch Kinder gefoltert, die nicht älter als zwölf Jahre alt waren. Ihren Bericht stützen die Menschenrechtler auf Zeugenaussagen Dutzender Inhaftierter und Angehöriger. Angesichts der überwiegend jungen Protestteilnehmer geht Amnesty davon aus, dass Tausende Kinder inhaftiert waren. Erst vor wenigen Tagen hatte Irans Justiz offenbart, dass mindestens 22.000 Demonstranten festgenommen worden waren. Ein Großteil der Protestteilnehmer soll inzwischen freigekommen sein. Genaue Zahlen gibt es von staatlicher Seite nicht.

Auslöser der jüngsten Protestwelle im Iran war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Die 22-Jährige wurde Mitte September von den Sittenwächtern wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen und starb wenige Tage später im Polizeigewahrsam. Zu Beginn richteten sich die Proteste noch gegen die Kopftuchpflicht. Später forderten die Demonstranten den Sturz der Islamischen Republik. Inzwischen zeigt sich die politische und geistliche Führung wieder selbstbewusst.

Proteste gegen Vergiftungen von Schülerinnen im Iran
Protest against poisonings of girls in Iran People chant slogans during a protest at the Interests Section of the Islamic Republic of Iran against the poisonings of school girls in Iran. The attacks have taken place over the last few months, sending hundreds of girls to the hospital in at least ten cities. Washington DC United States PUBLICATIONxNOTxINxFRA Copyright: xAllisonxBaileyx originalFilename: bailey-protesta230302_npMHX.jpg

Am Dienstag hatte das Gesundheitsministerium mitgeteilt, Hunderte Mädchen in mehreren Schulen seien erkrankt.

Proteste der Jungen

Vor allem die junge Generation protestierte jüngst. Der Großteil soll nicht älter als 25 Jahre gewesen sein. Seit der Protestwelle im Herbst steht Irans Führung unter Druck wie noch nie seit der Islamischen Revolution 1979. Auch Monate nach den Aufständen setzen viele Frauen ihren Protest in anderer Form fort, etwa durch das demonstrative Ignorieren der Kopftuchpflicht.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Amnesty forderte eine Freilassung der inhaftierten Kinder und appellierte an die internationale Staatengemeinschaft: „Da es keine Aussicht auf wirksame unparteiische Untersuchungen der Folter von Kindern in Iran gibt, fordern wir alle Staaten wie auch die Bundesregierung auf, universelle Gerichtsbarkeit über iranische Beamte auszuüben“, sagte Dieter Karg von Amnesty.

RND/dpa

Mehr aus Politik

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken