Medienberichte: Umweltministerium hätte vor Flutkatastrophe 2021 warnen können
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Die damalige Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, Anne Spiegel, hätte vor der Flutkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Jahr warnen können, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und der „Focus“ berichten.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Im Zuge der Flutkatastrophe an der Ahr starben im vergangenen Jahr 134 Menschen, Hunderte wurden verletzt, Tausende verloren ihr Zuhause. Berichte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) und des „Focus“ legen nun nahe, dass das Landesumweltministerium vor der Flut hätte warnen können. Stattdessen sei die damalige Umweltministerin und jetzige Bundesfamilienministerin Anne Spiegel damit beschäftigt gewesen, ihr Image nicht zu gefährden. Das rheinland-pfälzische Umweltministerium und ein untergeordnetes Landesamt hätten nicht nur „völlig versagt“, sondern auch vor der Flut warnen können, so „FAZ“ und „Focus“.
Zum Zeitpunkt einer fehlerhaften Entwarnung am 14. Juni 2021 um 17 Uhr seien bereits die ersten Menschen am Campingplatz Stahlhütte an der Oberahr gestorben, so „Focus“. Eine knappe Stunde später habe Spiegels Ministerium schließlich von der Flut mitbekommen. Spiegels Staatssekretär, Erwin Manz, schrieb um 18 Uhr: „Wir haben ein Extremereignis an der Ahr. Dort wurde ein Campingplatz aus der Luft evakuiert“.
Als die Pressestelle jedoch gefragt habe „Müssen wir jetzt was machen?“, antwortete Manz mit: „Heute nicht.“ Dass die Lage im Ahrtal bereits weitaus schlimmer aussah, habe man nicht gewusst, so „Focus“. So seien Pegelstände und Einschätzungen des zuständigen Amtes fehlerhaft gewesen.
Auf Nachfrage hieß es vom Umweltministerium: Manz’ Aussage, es sei „nichts zu tun“, habe sich auf die Frage bezogen, ob eine weitere Pressemeldung sinnvoll sein könnte. Pressemeldungen seien nicht Teil des Meldeweges für Einsatzkräfte vor Ort. Sie könnten auch gar nicht sicherstellen, „dass wichtige Informationen die Bevölkerung vor Ort auch rechtzeitig erreichen“, so das Umweltministerium Rheinland-Pfalz. Allerdings kritisieren auch Medien die ausbleibenden Warnungen; eine Richtigstellung der Lageeinschätzung hätte möglicherweise Leben retten können.
„Anne braucht eine glaubwürdige Rolle“
Am Morgen des 15. Juli wurde schließlich auch die damalige Umweltministerin Anne Spiegel via SMS informiert. Eine Mitarbeiterin der Pressestelle schrieb, die Lage sei „sehr ernst“, es sei in mehreren Landkreisen der Katastrophenfall ausgerufen worden, es würden Menschen vermisst. Spiegels Pressesprecher Dietmar habe daraufhin an beide geantwortet: „Anne braucht eine glaubwürdige Rolle.“ Das Umweltministerium sollte Informationen zu Warnungen und zur Hochwasserlage liefern. Es dürfe aber „nicht nach politischer Instrumentalisierung aussehen“.
Spiegels Ministerium habe sich am Folgetag der Flutkatastrophe vor allem mit Imagestrategien und politischen Affären beschäftigt, so „FAZ“ und „Focus“. Demnach habe Spiegel via SMS geschrieben: „Wir brauchen ein Wording, dass wir rechtzeitig gewarnt haben, wir alle Daten immer transparent gemacht haben.“ Spiegels Team habe vor allem befürchtet, der rheinland-pfälzische Innenminister würde ihr die Schuld für die Flutkatastrophe zuschieben.
Am Freitag muss sich Anne Spiegel vor dem Untersuchungsausschuss in Mainz zu den Vorgängen erklären. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz sind für April geladen.
RND/hyd