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Eine Beispielrechnung – und ihre Tücken

Mindestlohn oder Bürgergeld: Wer bekommt wie viel?

Der gesetzliche Mindestlohn steigt zum 1. Oktober auf 12 Euro je Stunde von zuvor 10,45 Euro. Seit 2015 ist der Mindestlohn damit um mehr als 40 Prozent gestiegen.

Der gesetzliche Mindestlohn stieg zum 1. Oktober auf 12 Euro je Stunde von zuvor 10,45 Euro. Seit 2015 ist der Mindestlohn damit um mehr als 40 Prozent gestiegen. (Symbolbild)

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In der Regel haben Beschäftigte, die für den Mindestlohn arbeiten, mehr Geld zur Verfügung als Bürgergeldbezieher. Wie groß die Differenz ist, hängt allerdings davon ab, ob der Arbeitnehmer auch alle Zusatzleistungen in Anspruch nimmt, die ihm zustehen. Auch die Mietkosten, die die Jobcenter bei Bürgergeldempfängern übernehmen, variieren je nach städtischem Mietspiegel.

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Mindestlohn-Arbeitnehmer und Bürgergeldempfänger: Wer bekommt was?

So hat ein Arbeitnehmer, der 38 Stunden die Woche für den Mindestlohn von 12 Euro arbeitet, ein Nettogehalt von 1527 Euro. Das geht aus Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) für das Jahr 2023 hervor. Diese Person hat Anrecht auf Wohngeld und würde einen Zuschuss von 56 Euro erhalten. Das verfügbare Einkommen liegt bei 1583 Euro.

Ein Bürgergeldempfänger erhält den Regelsatz von 502 Euro pro Monat, zudem übernimmt das Jobcenter die Wohnungskosten für etwa 411 Euro. Das verfügbare Einkommen des Beziehers von Arbeitslosengeld II liegt bei 913 Euro. Unter dem Strich hat ein Arbeitnehmer 670 Euro mehr im Monat.

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Was einem vierköpfigen Haushalt zusteht

Ein vierköpfiger Haushalt (Zwei Elternteile und zwei Kinder), in dem ein Erwachsener 38 Stunden für den Mindestlohn arbeitet, bekommt ein Nettogehalt von 1578 Euro ausgezahlt. Das Kindergeld beträgt monatlich 500 Euro. Der Kinderzuschlag liegt ebenfalls bei 500 Euro. Der Familie würde Wohngeld von 628 Euro zustehen. Der Haushalt hat ein verfügbares Einkommen von 3206 Euro.

Die gleiche Familie im Bürgergeldbezug hätte insgesamt 2368 Euro zur Verfügung. Der Regelsatz für den Haushalt liegt bei 1598 Euro, und das Jobcenter würde die Warmmiete von etwa 770 Euro übernehmen. Die DGB-Berechnungen beinhalten die von der Ampel geplanten Anpassungen beim Wohngeld, Steuern, Kindergeld und -zuschlag.

Rechenbeispiele bieten Überblick: Situation des Einzelnen ist hochkomplex

Solche Rechenbeispiele geben Aufschluss über das ungefähre Verhältnis zwischen Bürgergeld und Mindestlohn. Die Situation jedes Einzelnen ist aber hochkomplex: Nettoberechnungen des Lohns können sich unterscheiden, und insbesondere bei den Zusatzleistungen kann es zu Unterschieden kommen. Die Ampelkoalition will das Wohngeld reformieren, damit künftig insgesamt zwei Millionen Menschen wohngeldberechtigt sind.

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Doch die Wartezeiten in den zuständigen Wohnämtern betragen schon jetzt mitunter mehrere Monate. Die Betroffenen müssen Wohngeld und Kinderzuschlag auch beantragen, damit ihr verfügbares Einkommen deutlich über dem Bürgergeldsatz liegt.

Ein Knackpunkt sind die Energiekosten: Die Jobcenter übernehmen die Heizkosten von Bürgergeldbeziehern wie im Hartz-IV-System in „angemessener Höhe“. Eine Pauschale für die Stromkosten ist im Regelsatz enthalten – diese reicht aber oftmals nicht aus. Beschäftigte hingegen zahlen die stark gestiegenen Energiekosten komplett selber, profitieren bald aber von der Strom- und Gaspreisbremse. Bevor sie nächstes Jahr in Kraft tritt, übernimmt der Staat den Gasabschlag im Dezember. Eine gewisse Preissteigerung müssen Arbeitnehmer dennoch tragen.

Dass es vereinzelte Konstellationen gibt, in denen ein arbeitender Haushalt weniger Geld als ein Haushalt im Bürgergeldbezug hat, ist also möglich, aber unwahrscheinlich – vor allem, wenn Zusatzleistungen beantragt werden.

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