Nahostreise: Was Habeck in Israel für Deutschland erreichen will
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Jerusalem: Vizekanzler Robert Habeck spricht nach seiner Ankunft in Israel zu den Journalisten.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Berlin. Wenn der Vizekanzler zum Antrittsbesuch in Israel ankommt, ist das eine Begegnung zweier enger Partner, die aufgrund von „Deutschlands besonderer Verantwortung“ verbunden sind. So sagte es Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zu Beginn seiner viertägigen Nahostreise.
Noch für denselben Tag waren Gespräche mit israelischen Regierungsvertretern geplant, aber auch ein Besuch in der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, und später Gespräche in den Palästinensergebieten über die jüngste Eskalation der Gewalt. Einerseits.
Andererseits reist Habeck angesichts des Ukraine-Krieges unter besonderen Vorzeichen. Da ist zum einen der Umgang Israels mit dem russischen Angriff. Premierminister Naftali Bennett betont die Solidarität mit der Ukraine und leistet humanitäre Hilfe. Politisch verhält sich seine Regierung weniger eindeutig. Bennett vermeidet deutliche Kritik an Putin und beteiligt sich nicht an Sanktionen – auch weil Russland im benachbarten Syrien eine Militärmacht ist.
Israel als Gaslieferant interessant
Zugleich ist Israel im Zuge der Energiepreisexplosion auch als Energielieferant von Interesse: Große Gasvorkommen liegen vor der israelischen Küste im Mittelmeer, erst drei davon hat das Land bislang erschlossen. Könnte Israel bei Deutschlands Energieversorgung helfen, wenn man auf russische Lieferungen verzichten muss?
„Es fehlt noch immer Gas, wenn wir uns von Russland unabhängig machen wollen“, sagte Habeck. „Israel hat auch ein großes Gasfeld, das ist zwar leicht zu explorieren“, ein kurzfristiger Gasexport nach Europa von dort wäre jedoch mangels Infrastruktur nicht leicht zu bewerkstelligen. Jetzt den Aufbau voranzutreiben, sieht der Grüne aber skeptisch: Eine Infrastruktur aufzubauen, die etwa 2027 fertiggestellt wäre „und dann nach fünf Jahren schon wieder rückgebaut werden muss, das macht dann auch keinen Sinn“. Wenn schon über Gaslieferungen verhandelt wird, dann wolle er eher über eine Kooperation mit Anrainerstaaten sprechen, die LNG-Terminals haben. Eine Kooperation mit ihnen „könnte sicherlich helfen“.
Doch Habeck will einen anderen Schwerpunkt setzen: den Ausbau erneuerbarer Energien. In einem „umfassenden Klimaschutz“ lägen die größten Chancen – neben den Ökoenergien auch die Wasserstoffproduktion sowie Hightechinnovationen – auf dem Feld.
Er wolle sowohl zu seiner „wachsenden Kooperation innerhalb der Region als auch zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Europäischen Union einerseits und dem östlichen Mittelmeerraum andererseits“ beitragen. Beim Ausbau der israelischen Energiezusammenarbeit mit seinen arabischen Nachbarstaaten sieht Habeck Chancen auch für deutsche Firmen: Das Projekt sei noch nicht so weit gediehen, dass bereits alle Aufträge vergeben wären, sagte er am Montag nach seinem Treffen mit Bennett in Jerusalem. Man habe darüber gesprochen, wie dieser Prozess sich entwickle und darüber, ob es für europäische oder deutsche Firmen die Möglichkeit gebe einzusteigen.
Israel, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hatten im November ein gemeinsames Energieprojekt vereinbart. Israel soll Jordanien demnach mit entsalztem Wasser versorgen und im Gegenzug Solarstrom erhalten. Zu diesem Zweck soll ein Solarkraftwerk in der jordanischen Wüste gebaut werden, das mit Geld aus den VAE finanziert wird. Israel will nach eigenen Angaben bis zum Jahre 2030 rund 30 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen.
Wirtschaftsminister Habeck ruft eindringlich zum Energiesparen auf
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eindringlich zum Energiesparen aufgerufen und einen entsprechenden Arbeitsplan vorgelegt.
© Quelle: dpa
Fokus auf klimaneutralem Wirtschaften
Neben Bennett spricht Habeck mit Außenminister Jair Lapid, Wirtschafts- und Industrieministerin Orna Barbivai sowie Energie- und Klimaschutzministerin Karine Elharrar. Erst mit Antritt der Regierung von Bennett im vorigen Jahr ist Klimaschutz auf die Agenda gerückt. Im Oktober billigte sie einen umfassenden Klimaschutzplan.
Bereits an diesem Dienstag fährt Habeck weiter in die palästinensischen Gebiete und spricht in Ramallah mit Vertretern der Palästinensischen Autonomiebehörde. Die Reise endet in Jordanien, wo Habeck an einer Energiekonferenz teilnimmt und sie sogar gemeinsam mit dem Amtskollegen des Gastgeberlandes eröffnen wird: Der „Mena Europe Future Energy Dialogue“ wird von der jordanischen und der deutschen Regierung gemeinsam organisiert, um Schritte zum klimaneutralen Wirtschaften in der internationalen Politik zu verankern und gemeinsam zu beschleunigen.
Schließlich besichtigt Habeck Jordaniens zweitgrößtes Flüchtlingslager, wo rund 39.000 syrische Flüchtlinge leben, und den Luftwaffenstützpunkt Al-Asrak, wo sich deutsche Soldaten am internationalen Einsatz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ beteiligen.