Migranten sollen leichter Deutsche werden können
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Die geplante Reform sieht unter anderem vor, dass offiziell Mehrstaatlichkeit möglich ist.
© Quelle: IMAGO/Future Image
Berlin. Die Ampelkoalition hat sich nach längerem Tauziehen auf eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts verständigt. Das teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag mit. Migrantinnen und Migranten sollen Deutsche werden können, wenn sie mindestens fünf Jahre hier gelebt haben, bei besonderen Integrationsleistungen und ehrenamtlichem Engagement sogar schon nach drei Jahren. Bisher liegt die Schwelle bei acht Jahren. Außerdem müssen sie Deutsch sprechen können, sich zum Grundgesetz bekennen und dürfen nicht straffällig geworden sein.
Bei älteren Zuwanderern aus der Gastarbeitergeneration sollen die Anforderungen an ihre Sprachkenntnisse als Anerkennung für ihre Verdienste um den Aufbau des Landes weniger hoch ausfallen.
Union kritisiert
Neu aufgenommen wurde in den Gesetzentwurf folgender Passus: „Antisemitisch, rassistisch, fremdenfeindlich oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen sind mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland unvereinbar und verstoßen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes.“ Sie würden eine Einbürgerung demnach verhindern. Was Handlungen genau bedeutet, bleibt indes offen. In jedem Fall soll das Gesetz gewährleisten, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden von einschlägigen Straftaten erfahren. Die Staatsanwaltschaften müssen ihnen auf Anfrage Informationen übermitteln.
Voraussetzung für Einbürgerungen soll ferner sein, dass Bewerberinnen und Bewerber den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien grundsätzlich ohne Sozialleistungen bestreiten können. Auch darauf hatte vor allem die FDP gedrungen.
Wir wollen, dass Menschen, die Teil unserer Gesellschaft geworden sind, unser Land auch demokratisch mitgestalten können.
Nancy Faeser (SPD),
Bundesinnenministerin
Faeser sagte: „Ich freue mich sehr, dass wir mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht eines der wichtigsten Fortschrittsthemen der Ampel umsetzen. Wir wollen, dass Menschen, die Teil unserer Gesellschaft geworden sind, unser Land auch demokratisch mitgestalten können.“ Dies sei unter anderem erforderlich, „um die Fachkräfte zu gewinnen, die wir dringend brauchen“. Viele Zugewanderte fühlten sich als Deutsche, wollten aber den Bezug zu ihrem Herkunftsland nicht komplett kappen, so Faeser weiter. Deshalb werde man Mehrstaatlichkeit gestatten.
Die Grünen-Bundestagsfraktion reagierte ebenfalls positiv, schließt aber Änderungen im parlamentarischen Verfahren nicht aus. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, warnte vor einer Entwertung der deutschen Staatsbürgerschaft.
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Gegen Gesinnungstests
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, rechnet nach der Reform mit deutlich mehr Anträgen auf Einbürgerung als bisher. „Ich begrüße, dass das Staatsbürgerschaftsrecht modernisiert werden soll“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Und ich rechne mit einem großen Andrang unter den türkischstämmigen Menschen in Deutschland, besonders bei denen aus der zweiten Generation. Allerdings brauchen die Behörden mehr Personal, damit sie diese Anträge dann auch bearbeiten können.“
Das Vorhaben entspreche zudem nicht in allen Details dem, „was ich mir wünsche“, fügte Sofuoglu hinzu. „Die Menschen unterschreiben bei einer Einbürgerung ja schon heute, dass sie sich zum Grundgesetz bekennen.“ Auch sei es zwar nachvollziehbar, wenn Bewerberinnen und Bewerbern die Staatsbürgerschaft im Falle antisemitischer oder rassistischer Straftaten verweigert werde. „Aber das darf nicht zum Gesinnungstest werden.“ Bei Menschen aus der Gastarbeitergeneration läge es im Übrigen nahe, ganz auf die Prüfung von Sprachkenntnissen zu verzichten, so der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde. Hier sei Großzügigkeit angebracht.