Kommunalwahlen in Italien

Meloni statt Salvini: Wachablösung bei der italienischen Rechten

Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Fratelli d‘Italia, kann sich über den Erfolg bei den italienischen Kommunalwahlen freuen (Archivbild).

Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Fratelli d‘Italia, kann sich über den Erfolg bei den italienischen Kommunalwahlen freuen (Archivbild).

Rom. Die Wahlen in knapp tausend italienischen Gemeinden – darunter über zwanzig Hauptorte – waren der letzte große Test vor den Parlamentswahlen im Frühling 2023, bei denen der Nachfolger von Mario Draghi als Ministerpräsident gekürt werden wird.

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Und nach den Kommunalwahlen ist die Wahrscheinlich stark gestiegen, dass es sich nicht um einen Nachfolger, sondern erstmals um eine Nachfolgerin handeln wird: Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, hat das interne Duell gegen ihren Konkurrenten im Rechtslager, Lega-Chef Matteo Salvini, klar für sich entschieden. Sie wird, wenn nicht alles täuscht, die Mitte-rechts-Koalition, der auch Ex-Premier Silvio Berlusconi angehört, bei den Parlamentswahlen als Spitzenkandidatin anführen.

Die Resultate der Kommunalwahlen sind zwar noch mit Vorsicht zu genießen: Bei Redaktionsschluss handelte es sich erst um Hochrechnungen, und es lagen auch aus diversen Orten noch keine Ergebnisse der einzelnen Listen vor. Aber der Trend war offensichtlich: Die Römerin Meloni hat mit ihrer Partei den Mailänder Salvini und die Lega sogar in den Stammlanden der einst autonomistischen Partei, in Norditalien, in der Wählergunst hinter sich gelassen.

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Wachablösung kam nicht überraschend

Parma, Genua, Verona, Alessandria: Überall, wo es Hochrechnungen gab, lagen die Fratelli d‘Italia vor der Lega. In Mittel- und Süditalien, wo die Lega aufgrund ihrer früheren rassistischen Ausfälle gegen die „terroni“ traditionell wenig Sympathien genießt, hat Salvini gegen Meloni ohnehin keine Chance.

Die Wachablösung bei der italienischen Rechten hatte sich bereits in den Umfragen abgezeichnet: Ende Mai schoben sich die Fratelli d‘Italia vor den sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) und wurden stärkste Partei des Landes – als erste Partei seit dem Zweiten Weltkrieg, deren Wurzeln noch auf den Faschismus von Diktator Mussolini zurückgehen.

Antonio Tajani (v. l. n. r.), ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments, Matteo Salvini, ehemaliger Innenminister von Italien und Vorsitzender der Lega, und Giorgia Meloni, Vorsitzende der Partei Fratelli d’Italia, sprechen mit Journalisten (Archivbild).

Antonio Tajani (v. l. n. r.), ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments, Matteo Salvini, ehemaliger Innenminister von Italien und Vorsitzender der Lega, und Giorgia Meloni, Vorsitzende der Partei Fratelli d’Italia, sprechen mit Journalisten (Archivbild).

Die Verschiebung der Kräfteverhältnisse im Rechtslager ist spektakulär: In nur drei Jahren ist die Lega von Salvini von 34 Prozent bei den Europawahlen 2019 auf 15 Prozent in den Umfragen vom Mai abgestürzt; im gleichen Zeitraum kletterte die Meloni-Truppe von 6,5 auf 22 Prozent.

Salvini fällt seine Putin-Begeisterung auf die Füße

Der Höhenflug Melonis erfolgt fast vollständig auf Kosten von Salvini, der wegen seiner Putin-Begeisterung in den letzten Monaten weitere Sympathien eingebüßt hat. Auch wenn Salvini das persönliche Duell um die Leadership mit Meloni verloren hat, so kann er sich zusammen mit seinen Koalitionspartnern immerhin damit trösten, dass sich das Mitte-rechts-Lager bei den Kommunalwahlen insgesamt gut geschlagen hat, zumindest in den Städten, wo sie gemeinsam als Koalition angetreten sind.

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In Genua, Palermo und L‘Aquila dürfte die Entscheidung schon im ersten Wahlgang zugunsten des Rechtslagers ausgefallen sein, in zahlreichen anderen Kommunen hat es gute Aussichten im zweiten Wahlgang. Im Hinblick auf die Parlamentswahlen von 2023 sind die Siegeschancen des Centrodestra intakt. Dies umso mehr, als die linke Konkurrenz ein gewaltiges Problem hat.

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Das Problem der Linken

Der ehemalige Premier und heutige PD-Chef Enrico Letta wird sich nämlich fragen müssen, ob sein strategisches Ziel, sich bei den Parlamentswahlen mit der Fünf-Sterne-Protestbewegung zu verbünden, wirklich eine gute Idee ist: Die „Grillini“ haben auch bei den Kommunalwahlen wieder eine brutale Klatsche hinnehmen müssen und kommen selbst im Süden, wo sie sich mit der Einführung des „Bürgereinkommens“ bei vielen beliebt gemacht hatten, kaum noch über einstellige Wahlresultate hinaus.

Statt eine Koalition mit den Verlierern zu schmieden, wäre Letta möglicherweise besser beraten, wenn er versuchen würde, sich direkt an die „Grillini“-Wähler zu wenden und sie für den PD zurückzugewinnen, dem sie bei den Parlamentswahlen 2018 den Rücken gekehrt hatten. Am Sonntag ist in Italien außerdem landesweit über ein Justizreferendum abgestimmt worden.

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In fünf unterschiedlichen Vorlagen wurden Reformen gefordert, unter anderem die Abschaffung des sogenannten Severino-Gesetzes, das verhindert, dass Vorbestrafte bei Wahlen kandidieren können. Alle fünf Vorlagen sind an der mangelnden Stimmbeteiligung gescheitert: Statt der erforderlichen 50 Prozent haben sich wenig mehr als 20 Prozent der Stimmberechtigten an der Referendumsabstimmung beteiligt. Für das Justizreferendum hatten sich die Lega und die Minipartei Più Europa (früher Radikale Partei) starkgemacht. Für Salvini ist auch das haushohe Scheitern des Referendums ein politisches Debakel.

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