Rassismus im Alltag: Eine Studie zeigt, wie die Menschen in Deutschland darüber denken
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Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Mitte) stellt Ergebnisse einer Studie zum Thema Rassismus vor. An ihrer Seite befinden sich die Forscher Naika Foroutan und Frank Kalter.
© Quelle: IMAGO/Jürgen Heinrich
Berlin. Rassistische Vorfälle sind in Deutschland noch immer ein Teil des Alltags – und die Menschen im Land wissen das auch. Neun von zehn Menschen in Deutschland stimmen der Aussage zu: „Es gibt Rassismus in Deutschland.“ 45 Prozent haben schon einmal persönlich rassistische Vorfälle beobachtet. 22 Prozent geben an, selbst schon von Rassismus betroffen gewesen zu sein – das ist mehr als ein Fünftel der Bevölkerung in Deutschland.
Das sind zentrale Ergebnisse aus der Auftaktstudie des Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors, der nach dem Willen eines Bundestagsbeschlusses aus dem Jahr 2020 Ausmaß, Ursachen und Folgen von Rassismus untersuchen soll.
Extremismus und Rassismus gehen uns alle an.
Lisa Paus (Grüne)
Bundesfamilienministerin
„Extremismus und Rassismus gehen uns alle an“, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) in Berlin. „Spätestens die Anschläge von Halle und Hanau haben klargemacht, dass Rassismus in Deutschland Menschen das Leben kostet.“ Die Ministerin sagte zugleich, viele seien bereit, Rassismus entgegenzutreten – auf der Straße, in der Schule und am Arbeitsplatz.
Die Ergebnisse, die vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung vorgestellt wurden, zeigen in der Tat ein differenziertes Bild. Ein Großteil der Bevölkerung (70 Prozent) ist nach eigenen Angaben potenziell bereit, sich auf unterschiedliche Weise gegen Rassismus zu engagieren. Da ist gerade das Potenzial unter den Jüngeren besonders hoch. Die Direktorin des Zentrums, die Integrationsforscherin Naika Foroutan, sagte, viele Menschen sähen strukturellen Rassismus als Problem – und sie würden Benachteiligungen in der Schule, am Arbeitsplatz oder beim Thema Wohnen auch ganz konkret erkennen.
Rassistische Klischees
Der Soziologe Frank Kalter, der das Zentrum gemeinsam mit Foroutan leitet, sagte, die Menschen gingen sehr unterschiedlich mit dem Thema um. Es sei noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. So stimmt laut Studie zum Beispiel ein Drittel der Menschen der unsinnigen Aussage zu, dass gewisse ethnische Gruppen oder Völker „von Natur aus fleißiger“ seien als andere.
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Ein Teil der der Bevölkerung wehre eine kritische Auseinandersetzung zudem ab, führte Kalter aus. „Knapp die Hälfte der Bevölkerung findet, dass Rassismusvorwürfe und politische Korrektheit die Meinungsfreiheit einschränken würden“, sagte Kalter. Ein Drittel ist laut der Befragung tendenziell der Auffassung, dass Menschen, die sich über Rassismus beschweren, „häufig zu empfindlich“ seien. Für die repräsentative Studie wurden 5000 Menschen befragt. Weitere Untersuchungen sollen folgen.
Ein Gesetz soll helfen
Familienministerin Paus verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem vorgesehen ist, dass bis 2023 nach breiter Bürgerbeteiligung ein Demokratiefördergesetz eingebracht werden soll. Damit soll unter anderem Beratungs- und Präventionsarbeit gestärkt werden.
Jahrzehntelang sei Rassismus in Deutschland „verschwiegen oder gar bestritten“ worden, das wirke bis heute nach, sagte die Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, Reem Alabali-Radovan. Sie sagte, die Bundesregierung stelle die Betroffenen in den Mittelpunkt, und versprach: „Wir packen Strukturen an, die im Alltag rassistisch diskriminieren – in den Behörden, bei der Polizei, am Arbeits- oder Wohnungsmarkt.“