Bundesländer investieren mit Pensionsfonds in klimaschädliche Industrien
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Eine Raffinerie des Ölkonzerns BP in Gelsenkirchen.
© Quelle: picture alliance / firo Sportphoto | Jürgen Fromme
Berlin. 10 der 16 Bundesländer investieren bei ihren Pensionsfonds in klimaschädliche Industrien oder Großbanken, die den Ausbau fossiler Energien finanzieren. Das geht aus Berechnungen des Recherchenetzwerks Correctiv hervor, die am Donnerstagmorgen veröffentlicht wurden. Für die Kalkulation hat das Netzwerk bei allen 16 Finanzministerien eine Liste ihrer Anlagen für die Pensionsfonds angefragt. Demnach seien Bayern und Sachsen-Anhalt die Spitzenreiter bei den Investments in Kohle, Öl und Gas. Einige Länder würden aber auch bereits ihre Fonds auf mehr Nachhaltigkeit umstellen.
Was ist ein Pensionsfonds?
Pensionsfonds der Bundesländer sollen die steigenden Pensionskosten in Zukunft abfedern und sicherstellen, dass die Renten gezahlt werden können. Die Haushalte der Länder finanzieren diese Fonds. Die Finanzministerien legen fest, in welche Anlagen investiert wird. In den meisten Bundesländern steigt das Volumen der Pensionsfonds – alleine in Hessen beispielsweise innerhalb von fünf Jahren von 3,2 auf 5,3 Milliarden Euro.
Correctiv: Sachsen-Anhalt möchte an Investitionen festhalten
Sachsen-Anhalt investiere mehr als 58 Millionen Euro des Gesamtvolumens von rund 1,6 Milliarden Euro in einige der größten Erdöl- und Gaskonzerne der Welt – darunter Exxon und BP.
Rund 30 Millionen Euro würden auf die Konten internationaler Großbanken fließen. Damit würde Sachsen-Anhalt indirekt den Ausbau fossiler Energien mitfinanzieren, da Großbanken wie die Deutsche Bank, JP Morgan Chase oder BNP Paribas zu den größten Investoren fossiler Industrien zählen würden. Auf Anfrage des Mediums habe das Magdeburger Finanzministerium mitgeteilt, dass es auch künftig an diesen Investitionen festhalten wolle.
Was ist Correctiv?
Correctiv ist eigenen Angaben zufolge ein gemeinnütziges und unabhängiges Recherchenetzwerk, welches 2014 gegründet wurde. Die Recherchegruppe fokussiert sich auf investigativen Journalismus, stand für ihre Enthüllungen aber auch immer wieder in der Kritik. So wurde dem Netzwerk mehrfach vorgeworfen, neben Journalismus auch Aktivismus und Selbstinszenierung zu betreiben. Correctiv ist eine Non-Profit-Organisation und finanziert sich durch Spenden von Stiftungen und Privatleuten sowie durch Erlöse einer gewerblichen Tochtergesellschaft, die Bücher herausgibt und Faktenchecks für Facebook durchführt.
Correctiv: Bayerns Pensionsfonds finanziert Handel mit Gas und Treibstoff
Bayern stecke seine rund 1,7 Milliarden Euro in große Aktienindizes, die das Geld vor allem an die größten Konzerne der Börsen verteilen – laut Correctiv oft, ohne Klimaschutz zu berücksichtigen. Der Freistaat investiere die Gelder für seine Beamtenpensionen zu nahezu gleichen Teilen in drei große Fonds, nur einer davon verstehe sich als nachhaltig. Rund 500 Millionen Euro würden auf den globalen MSCI-Fonds entfallen, in dem sich Anteile des weltgrößten Ölkonzerns Exxon befinden. Der Eurostoxx-Fonds, laut Correctiv ebenfalls mit etwa 500 Millionen Euro ausgestattet, beinhalte Anteile von Airliquide, Enel, Eni und Totalenergies, die mit Gas und Treibstoffen handeln.
Auf Correctiv-Anfrage habe das bayerische Finanzministerium mitgeteilt, man nutze „anerkannte nationale und internationale Unternehmenswerte, die jederzeit für den Vorsorgezweck verfügbar sind“.
Bei den anderen acht Bundesländern handele es sich laut der Recherchegruppe um Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Sachsen. Sie würden mit den Fonds ebenfalls in klimaschädliche Industrie oder Großbanken investieren – darunter neben Öl- und Gaskonzernen teilweise auch in die Autoindustrie sowie in Tabak- oder Alkoholkonzerne.
Correctiv: Einige Bundesländer stellen auf mehr Nachhaltigkeit um
Laut dem Recherchenetzwerk würde Deutschland wegen der Pensionsfonds der betreffenden Bundesländer die internationalen Klimaziele nicht erreichen. Auch die Bundesregierung verfehle damit den Plan, Deutschland zu einem führenden „Sustainable Finance“-Standort auszubauen, wie es in der gleichlautenden Strategie der Ampelregierung heiße, betont Correctiv. Zu den Zielen der Strategie würde unter anderem zählen, in der deutschen Finanzpolitik Klima- und Umweltschutz sowie soziale Aspekte zu berücksichtigen.
Correctiv habe eigenen Angaben zufolge bereits 2016 öffentlich gemacht, dass die Bundesländer damals rund 400 Millionen Euro in Unternehmen investiert hätten, die den Klimazielen der Bundesregierung entgegenstehen. Zwar hätten kürzlich einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen oder Berlin ihr Portfolio auf mehr Nachhaltigkeit ausgerichtet, doch auch diese würden weiterhin direkt oder indirekt klimaschädliche Industrien finanzieren, so Correctiv weiter.
RND/nis