Grüner Anstrich für Kernenergie und Erdgas: Klimaschutz der EU wird zugekleistert
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Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, vorm Beginn der wöchentlichen Sitzung des Kollegiums der Kommissare am Hauptsitz der EU in Brüssel.
© Quelle: Virginia Mayo/Pool AP/dpa
Berlin. Kinder lernen heute in der Schule, dass die Zeiten fossiler Energieträger wie Kohle oder Erdgas vorbei ist, vorbei sein muss. Denn die klimaschädlichen Emissionen bei deren Verbrennung verpesten ihre Zukunft auf einem sich weiter aufheizenden Planeten.
Lehrer erklären Lernenden ebenfalls, dass man mit der Spaltung von Atomkernen zwar prima Energie erzeugen kann. Es gibt allerdings zwei massive Probleme: Die Kernenergie ist irre teuer, und bislang fällt beim strahlenden Müll niemandem etwas anderes ein, als ihn einzulagern.
Zusammenfassung: Erdgas und Atomkraft sind das Gegenteil von nachhaltig.
Die EU-Kommission ignoriert Schulwissen. Die Brüsseler Behörde erkennt Investitionen in neue Gas- und Atomkraftwerke im Rahmen der EU-Taxonomie als klimafreundlich an. Kinder könnten sich jetzt fragen, ob die Kabinettsmitglieder von Ursula von der Leyen entweder den Verstand verloren haben oder bewusst falsch handeln.
Geistig fit dürften die Damen und Herren Politiker sein, könnte man dann Kindern erklären. Sie handeln offenbar aus politischen Erwägungen wider besseres Wissen.
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Da ist Frankreich, das vor einer Präsidentenwahl steht und traditionell auf den Einsatz von Kernenergie setzt, weil hier auch der Staat kräftig mitverdienen will. Da sind viele osteuropäische Staaten, die auf Kernkraftwerke setzen, weil sie sonst die Klimaschutzvorgaben nicht erreichen können. Und da ist Deutschland, wo Erdgas für die Energieversorgung noch etliche Jahre unverzichtbar ist.
Die Frage ist nur, ob Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds nicht klüger sind als die Brüsseler Bürokraten.
Der Kompromiss sieht nun den Grünanstrich von Kernenergie und Erdgas vor, der die Idee hinter der EU-Taxonomie – verbindliche Kriterien für klimafreundliches und nachhaltigen Wirtschaften zu definieren – zukleistert. Die Frage ist nur, ob Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds nicht klüger sind als die Brüsseler Bürokraten.
Denn zukunftsfähige Gaskraftwerke, also solche, die auch auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt werden können, werden auch ohne grünes Label der EU finanziert. Und Kernkraftwerke werden auch in Zukunft nur gebaut, wenn der Staat kräftig zubuttert.
Die Entscheidung der EU-Kommission stellt jedoch nicht allein die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Geldanlagen infrage. Sie lässt bei vielen Europäern mit Sicherheit auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit und der Konsequenz der Union beim Klimaschutz aufkommen. Sie könnten sich nun fragen, warum sie sich eigentlich mehr Mühe geben sollen als Brüssel.