BfS-Präsidentin Paulini warnt vor Atomgefahren – auch aus dem Ausland
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Das Kernkraftwerk Grohnde ist zum 31. Dezember 2021 abgeschaltet worden. Laut BfS-Chefin Paulini muss aber auch ein komplett atomkraftfreies Deutschland noch Gefahren durch AKWs in benachbarten Staaten befürchten.
© Quelle: imago images/Future Image
Berlin. Vor dem Ablaufen der Widerspruchsfrist gegen die EU-Pläne, Atomkraft als nachhaltig einzustufen, hat die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini, der EU-Kommission vorgeworfen, Unfallrisiken und Lasten für künftige Generationen bewusst zu ignorieren.
Zudem warnte sie vor den Gefahren für die deutsche Bevölkerung durch Kernkraftwerke im Ausland. „Für uns als Fachbehörde ist es nicht nachvollziehbar, wie bei der Überprüfung von Folgeschäden das Risiko eines schwerwiegenden nuklearen Unfalls vernachlässigt werden kann“, sagte Paulini dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
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Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Inge Paulini.
© Quelle: dpa
Paulini erhebt Vorwürfe gegen EU-Forscher
Die Prüfung der EU-Pläne durch ihre Behörde habe wissenschaftliche und fachliche Mängel ergeben. Zudem habe die EU-Kommission ihre Gutachter angewiesen, die Gefahren nuklearer Unfälle außen vor zu lassen, so Paulini. „Die EU-Forscher haben mit einem verkürzten Nachhaltigkeitsbegriff gearbeitet und zugleich das Risiko der Technologie nicht umfassend betrachtet, ebenso wenig die Langzeitfolgen.“
Nachhaltigkeit bemesse sich nicht allein am CO₂-Ausstoß, sondern auch an anderen Umweltschäden, sagte Paulini. „In Bezug auf die Nutzung der Kernenergie beginnt das beim Uranabbau und endet bei der offenen Endlagerfrage.“
Die Lehren aus Fukushima und Tschernobyl
Die BfS-Präsidentin fügte hinzu: „Die Technik ist nicht sicher, das haben die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima leider bewiesen – und damit müssen wir auch in Zukunft rechnen.“ Die Unfallfolgen gingen über die Strahlenschäden hinaus: „Gerade Fukushima hat gezeigt, dass psychosoziale, gesellschaftliche und ökonomische Folgen nach einer schweren nuklearen Katastrophe die Strahlenfolgen bei Weitem übersteigen können.“
Nach einem Super-GAU müssten die Menschen über Nacht ihre Heimat verlassen und könnten zum Teil nie wieder heimkehren. „Familien und Gemeinschaften werden zerrissen, Menschen verlieren ihre Arbeit“, sagte die BfS-Chefin. Das erzeuge große Wunden in der Gesellschaft. „Man kann in Fukushima beobachten, wie lange und tiefgreifend sie wirken, auch an Traumata und Depressionen.“
„Radioaktivität macht an Grenzen nicht Halt“
Der deutsche Atomausstieg erhöhe zwar die Sicherheit hierzulande, zugleich gehe von den laufenden und geplanten Kernkraftwerken in Europa weiter Gefahr auch für Deutschland aus, betonte Paulini: „Radioaktivität macht an Grenzen nicht Halt. Nachbarstaaten wie Frankreich und Polen wollen durch die Taxonomie auch Geld in AKW-Neubauten lenken, auch in Grenznähe“, so die BfS-Chefin.
„Solange in Nachbarstaaten AKW betrieben werden, muss Deutschland für den Notfall vorbereitet sein.“ Das BfS habe nach Fukushima sein Notfallschutzmanagement deutlich verbessert. „Entscheidend für uns ist der Schutz der deutschen Bevölkerung – auch wenn die Gefährdung vom Ausland ausgehen sollte.“
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An diesem Freitag endet für die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten die Widerspruchsfrist zu den Taxonomie-Plänen der EU-Kommission. Demnach sollen künftig sowohl Erdgas- als auch Atomkraftwerke als nachhaltig eingestuft werden.
Das Interview mit BfS-Präsidentin Inge Paulini lesen Sie hier.