Genug für alle da? Der Impfegoismus reicher Länder
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Brasilien, Rio De Janeiro: Ein Arbeiter begräbt ein Opfer, das an Covid-19 gestorben ist, auf dem Friedhof Sao Francisco Xavier, im Stadtteil Caju.
© Quelle: Ellan Lustosa/ZUMA Wire/dpa
Was sich bereits zu Beginn der Corona-Pandemie beim Kauf von Masken und Ähnlichem abzeichnete, hat sich jetzt beim Thema Impfstoff wiederholt und verschärft: Nationale Egoismen haben zu einem gnadenlosen Verteilungskampf geführt. Geld und machtpolitischer Ellenbogen setzen sich wieder einmal durch.
Die reichen Länder teilen seit Monaten den größten Teil der Impfstoffe unter sich auf. Regierungen wohlhabender Staaten, die 14 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, haben sich schon jetzt über die Hälfte aller Impfstoffdosen gesichert, die bereits in der Produktion sind oder demnächst auf den Markt kommen, schreibt „Zeit Online“ unter Berufung auf die amerikanische Duke University.
Demnach warnten bereits Anfang Dezember Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen wie Oxfam, Amnesty International und Global Justice Now, dass arme Länder im nächsten Jahr allenfalls einen von zehn Einwohnern gegen Corona immunisieren könnten. Das reiche Kanada dagegen verfüge über einen Vorrat, um seine Bevölkerung fünfmal durchzuimpfen.
Dabei hatten Vereinte Nationen, Europäische Union und Bundesregierung noch zu Beginn der Pandemie betont, Corona sei eine globale Krise, die auch nur global bekämpft werden könne. Geblieben ist von dieser globalen Solidarität vorerst nicht viel. Vielmehr hat sich ein neoliberales Prinzip durchgesetzt: Die Kräfte des Marktes regeln den Zugang zu überlebensnotwendigen Medikamenten, die eigentlich ein globales, von Profitinteressen zu befreiendes Gemeingut sein sollten.
Ich bin gegen jede Form von Impfstoffnationalismus.
Armin Laschet, Kandidat für CDU-Parteivorsitz
Federführend auch für andere Schwellen- und Entwicklungsländer haben die Regierungen Indiens und Südafrikas bei der Welthandelsorganisation (WTO) beantragt, den Patentschutz für Medikamente, Impfstoffe und medizinische Geräte zur Behandlung von Covid-19 so lange auszusetzen, bis weltweit Herdenimmunität erreicht worden ist. So könnten möglichst schnell große Mengen Impfstoff kostengünstig hergestellt werden. Den von mehr als 100 Staaten unterstützten Vorschlag lehnen die USA, die EU-Staaten und Japan kategorisch ab. Er wurde Ende Dezember im Rat der WTO diskutiert, ohne dass ein formaler Beschluss gefasst wurde.
Die Kritiker verweisen auf den Schutz geistigen Eigentums durch Patente und setzen auf „Anreize für Innovation und Wettbewerb“. Diese seien die besten Voraussetzungen für die rasche Verteilung von Medikamenten. Doch funktioniert das? Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation wurde schon vor der Pandemie einem Drittel aller Kranken weltweit aufgrund hoher Preise der Zugang zu dringend benötigten Arzneimitteln verwehrt.
„Ich bin gegen jede Form von Impfstoffnationalismus“, so der CDU-Politiker Armin Laschet in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Es ist gelungen, das Vakzin in der EU gerecht zu verteilen, und jetzt dürfen wir den globalen Süden nicht vergessen.“ Doch freundliche Worte allein lösen das Problem nicht.