Corona: Lockdown nicht mehr ausgeschlossen
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Gastronomen haben in Wolfsburg ihre Tische weit auseinander aufgestellt, um die Abstandsregeln einzuhalten.
© Quelle: imago images/Jan Huebner
Berlin. Die Lage ist relativ eindeutig: Die Zahl der Corona-Infektionen steigt, hier wie im übrigen Europa. Und sie steigt vor allem in den großen Städten. Wir haben in Berlin oder Frankfurt einen zeitlichen Vorsprung vor Paris oder Madrid. Doch der kann schnell verspielt sein. Und auch wenn sowohl im Berliner Regierungsviertel wie in den 16 Landeshauptstädten alle einen zweiten Lockdown fürchten wie der Teufel das Weihwasser: Ausgeschlossen ist er keineswegs.
Es gilt nun zuerst, in den Großstädten entschlossen zu handeln, wie es Kanzlerin Angela Merkel mit deren Oberhäuptern vereinbart hat – jedenfalls solange Bürger dies nicht in erforderlichem Maße selbst tun und undisziplinierte Minderheiten alles kaputt machen. Aber vermutlich wird das nicht reichen. Denn die Infektionen verbreiten sich zunehmend über das ganze Land. Damit stößt auch der Föderalismus unvermeidlich an Grenzen.
Dass Berliner für den Besuch eines Hotels in Brandenburg mittlerweile einen negativen Corona-Test brauchen, in Thüringen hingegen nicht, macht keinen Sinn. Für einen Berliner, der jeden Tag S-Bahn fährt, wäre – nebenbei bemerkt – eine Reise in die nahe gelegene polnische Provinz sicher besser. Doch ins Ausland soll er ja nicht – wegen Corona-Gefahr. Mit anderen Worten: Bei niedrigen Infektionszahlen wirken regional angepasste Regeln überzeugend. Doch bei explodierenden Zahlen und deren exponentiellem Wachstum nicht. Dann drohen unauflösbare Widersprüche, Chaos und ein Mangel an Akzeptanz jener Regeln, deren Akzeptanz bisher sehr hoch ist.
In Madrid haben sie am Freitag den Notstand verhängt. In Paris sieht es kaum besser aus. Dort drohen neben sich verschärfenden ökonomischen Schwierigkeiten neue gesellschaftliche Spannungen. Das sollte uns in Berlin, Frankfurt oder Leipzig eine Mahnung sein.