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Bovenschulte: „Wir könnten Kontaktbeschränkungen lockern“

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD, Archivbild)

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD, Archivbild)

Berlin. Im Interview hat Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) mit dem RedaktionsnetzwerkDeutschland (RND) über die Abwehrhaltung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gegen die Teilimpfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe und über mögliche Lockerungen in der Corona-Pandemie gesprochen. Der SPD-Politiker stellte im Gespräch Lockerungsperspektiven für Geimpfte und Genesene in Aussicht.

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Herr Bovenschulte, der Bundeskanzler hat für die Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch Öffnungsschritte in der Corona-Pandemie in Aussicht gestellt. Welche Lockerungen können Sie sich als erstes vorstellen und wie soll es dann weitergehen?

Um eines vorweg zu sagen: Jede Lockerung setzt voraus, dass die Lage in den Krankenhäusern stabil bleibt und eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann. Wenn und solange dies gewährleistet ist, spricht einiges dafür, die derzeit bestehenden Beschränkungen schrittweise abzubauen und schon im März zu den AHA-Grundschutzregelungen zurückzukehren: Maskenpflicht, Abstandsregelungen, Hygienegebote. Der Maßnahmenkatalog des Infektionsschutzgesetzes ist ja ohnehin bis zum 19. März befristet und wird sicher nicht ohne Weiteres verlängert werden können. Schon am Mittwoch könnten wir aus meiner Sicht die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene lockern und die Obergrenze von derzeit zehn Personen zumindest deutlich anheben. Zu diskutieren wäre auch über eine Rücknahme der bundesweiten 2G-plus-Regel für die Gastronomie.

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Plädieren Sie dafür, Lockerungsschritte erneut an konkrete Werte wie Inzidenzen und Hospitalisierungsrate zu knüpfen?

Das Infektionsschutzgesetz legt aktuell die Hospitalisierungsrate als Leitindikator und die Neuinfektionsinzidenz, die Impfquote und Intensivbettenauslastung als ergänzende Indikatoren fest. Das ist ein recht feinziseliertes Kriterienraster, das in der Praxis nur schwer handhabbar ist. Am Ende geht es aber immer darum, diejenigen – und nur diejenigen – Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu gewährleisten. Das ist der entscheidende Maßstab und daran sollten wir uns orientieren.

Wie will die Ministerpräsidentenkonferenz es schaffen, Regeln zu beschließen, ohne dass einzelne Regierungen anschließend wieder ausscheren? Ist ein Flickenteppich vermeidbar?

Die Ministerpräsidentenkonferenz ist ein koordinierendes Gremium. Deshalb gibt es keine Möglichkeit die Einhaltung ihrer Beschlüsse zu erzwingen. Wir können nur an die Einsicht appellieren, dass klare Regelungen, die überall gelten, in der Pandemie ein großer Wert sind.

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Sind Sie verärgert über Abweichler, wie zuletzt wieder Bayerns Ministerpräsident Markus Söder?

Verärgert ist das falsche Wort. Regionale Alleingänge erschweren aber eine effektive Bekämpfung der Pandemie, weil sie die Menschen verunsichern. Deshalb wünsche ich mir, dass wir uns am Mittwoch auf eine gemeinsame Position verständigen können und dass dabei Sachfragen und nicht parteipolitische Profilierungen im Mittelpunkt stehen.

Wäre es nicht sinnvoller, gleich zu sagen, dass die Länder selbst entscheiden dürfen?

Nein, denn selbst eine unvollkommene Abstimmung ist besser als gar keine Abstimmung. Und ehrlich gesagt haben sich die Länder über den gesamten Verlauf der Pandemie hinweg, ich schätze mal, in 75 Prozent der Fälle an die gemeinsamen Absprachen gehalten. Das Problem ist, dass die restlichen 25 Prozent aus nachvollziehbaren Gründen im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Das führt dann zu einem negativ verzerrten Blick auf die Leistungsfähigkeit der Ministerpräsidentenkonferenz als Koordinierungsinstanz. Anders ausgedrückt: Die MPK ist besser als ihr Ruf.

Es gibt Hindernisse auf dem Weg zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Was muss passieren, damit ab 15. März bundesweit umgesetzt wird?

Wir müssen hart und konzentriert arbeiten und auf parteipolitische Profilierungen verzichten. Bei jedem Gesetz gibt es am Anfang bei der Umsetzung in die Praxis Geruckel und Gezuckel, und es läuft hier und da mal etwas schief. Das wird bei der einrichtungsbezogenen Impflicht nicht anders sein. Entscheidend ist mit welcher Haltung man an die Sache herangeht: Will man Teil des Problems oder Teil der Lösung sein? Aus meiner Sicht bietet die geltende gesetzliche Regelung ausreichend Spielräume, um die einrichtungsbezogene Impfpflicht sachgerecht und mit dem notwendigen Maß an Pragmatismus umzusetzen. Die Länder müssen sich jetzt darauf verständigen, wie sie diese Spielräume möglichst einheitlich nutzen. Dabei dürfen wir nicht das eigentliche Ziel der einrichtungsbezogenen Impfpflicht aus dem Blick verlieren: Es geht um den Schutz der verletzlichsten Gruppen unserer Gesellschaft!

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Den Vorstoß von Ministerpräsident Markus Söder halten Sie demnach für überflüssig?

Überflüssig ist milde ausgedrückt. Man kann ja geltendes Recht nicht deshalb für unanwendbar erklären, weil man praktische Vollzugsprobleme sieht. Wenn man der Meinung ist, dass ein Bundesgesetz nichts taugt, dann muss man sich auf dem dafür vorgesehenen Weg für eine Änderung starkmachen. Solange ein Bundesgesetz aber gilt, müssen die Länder es auch umsetzen und für etwa auftretende Probleme Lösungen suchen. Wir kippen doch auch andere Gesetz nicht, nur weil nicht sofort alles klappt. Und selbst wenn es uns am Ende nicht gelingen sollte, eine Impfquote von 100 Prozent, sondern nur von 95 Prozent durchzusetzen, hätte das Gesetz seinen Zweck, Risikogruppen besser zu schützen, weitgehend erfüllt.

Sie haben keine Sorge, dass die Gesundheitsämter mit den Einzelfallentscheidungen überfordert sein werden?

Niemand kann eine Überforderung im Einzelfall ausschließen, aber insgesamt habe ich Vertrauen in die Leistungsfähigkeit unserer Verwaltung.

Kommt die allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren?

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Ich hoffe.

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