Debatte um Meinungsfreiheit: „Unis müssen Vorbild sein“

An der Hamburger Uni protestierten Studenten gegen die Vorlesung des Wirtschaftsprofessors und AfD-Gründers Bernd Lucke.

An der Hamburger Uni protestierten Studenten gegen die Vorlesung des Wirtschaftsprofessors und AfD-Gründers Bernd Lucke.

Berlin. Der Vorsitzende des Bildungsausschusses des Bundestags, Ernst Dieter Rossmann (SPD), hat angesichts von Auftrittsblockaden die Universitäten aufgerufen, in Sachen Meinungsfreiheit Vorbild zu sein. „Gerade die Hochschulen und das Bildungswesen insgesamt müssen Lernort und Vorbild für einen zivilen Umgang mit Meinungs- und Informationsfreiheit sein und einen harten Austausch von Argumenten und Streit um Fakten, Wahrheiten und Werte vorleben“, sagte er der „Rheinischen Post“.

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In den vergangenen Tagen gab es mehrere Vorfälle. Der Wirtschaftsprofessor und AfD-Mitbegründer Bernd Lucke war in der vergangenen Woche nach seiner Rückkehr an die Universität Hamburg wegen seiner AfD-Vergangenheit beschimpft, bedrängt und am Reden gehindert worden. Auch an diesem Mittwoch wurde seine Vorlesung von rund 30 Demonstranten gestört. Am Montagabend hatten linke Aktivisten beim Göttinger Literaturherbst eine Lesung des früheren Innenministers Thomas de Maizières verhindert. Die Universität Hamburg hatte einen Auftritt von FDP-Chef Christian Lindner untersagt.

Lindner selbst forderte in einem Interview, auch abweichende Meinungen auszuhalten. „Rein rechtlich ist die Meinungsfreiheit garantiert. Praktisch wird sie aber als eingeschränkt empfunden. Das ist ein bedrückender Befund“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Mehr Toleranz für andere Meinungen wäre sinnvoll“, betonte Lindner. „Es darf nicht sein, dass man niedergebrüllt oder gar bedroht wird, wie das Herrn Lucke und Herrn de Maizière passiert ist. Ich habe Herrn Lucke immer scharf politisch bekämpft, aber als Bürger und Professor muss er ungehindert sprechen dürfen.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte die Protestaktionen am Freitag ebenfalls. Das offene Ohr, das beherzte Wort, die schonungslos ehrliche, aber auch respektvolle Auseinandersetzung seien Tugenden, die das Land heute dringend brauche, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Freitag bei einer Veranstaltung in Berlin. Was nicht gebraucht werde, „sind aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe“, ergänzte er.

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Kubicki sieht eine Verrohung der Debattenkultur

Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) hat die Debattenkultur in Deutschland kritisiert. „Viele politische Mitbewerber machen vor Regelbrüchen nicht halt, wenn es gegen rechts geht. Dann gelten offenbar andere Maßstäbe“, schreibt Kubicki in einem Gastbeitrag für die „Welt“. „Dass dies unserer freien und offenen Debattenkultur schadet, wird entweder nicht erkannt oder – schlimmer noch – billigend in Kauf genommen. Das Motto lautet dann: Moral schlägt Recht. Als Demokrat will ich das nicht akzeptieren.“

Mit der Illusion, Regelbrüche seien erlaubt, solange es gegen die Bösen gehe, beförderten politische Kräfte tatsächlich einen massiven Vertrauensverlust der Menschen in die Lauterkeit behördlichen Handelns. Antidemokraten seien nicht nur bei der AfD zu finden. Nicht wenige aus der politischen Mitte arbeiteten aus vermeintlich höheren Motiven mit an „der Dekonstruktion der Demokratie und ihrer Organe“, so der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende. „Ein Demokrat achtet die demokratischen Regeln und Institutionen und verteidigt sie gegen jedermann – die Meinungsfreiheit zum Beispiel auch und gerade dann, wenn die Meinung abstoßend, widerlich oder eklig ist, sich dabei aber im Rahmen der Gesetze bewegt.“

RND/dpa

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