Neustart Amerika? Die Beziehung zu den USA bleibt kompliziert

Der designierte US-Präsident Joe Biden soll die USA wieder zu einem verlässlichen Partner machen – hoffen die Europäer.

Der designierte US-Präsident Joe Biden soll die USA wieder zu einem verlässlichen Partner machen – hoffen die Europäer.

Berlin. Wenn von den USA die Rede ist, fällt ein Wort in Brüssel und Berlin derzeit besonders oft: Neustart. Mit Blick auf das nahende Ende der mit Vorwürfen und Unberechenbarkeiten gespickten Präsidentschaft von Donald Trump hoffen die Spitzen der EU und auch der Bundesregierung auf die Wiederbelebung eines partnerschaftlichen transatlantischen Verhältnisses. Groß sind jedoch nicht bloß die Hoffnungen, sondern auch die Erwartungen der Europäer.

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EU-Ratspräsident Charles Michel hat eine lange Liste mit Konflikten und Herausforderungen zusammengetragen, deren Bewältigung eine neue Allianz mit den USA erfordere. In dem Papier, aus dem zunächst die „Financial Times” berichtete, wirbt der frühere belgische Ministerpräsident für die Beilegung der Handelsstreitigkeiten und den Abbau gegenseitiger Strafzölle.

Zudem solle ein gemeinsamer Kampf gegen die Corona-Pandemie und deren ökonomische Folgen weit oben auf die transatlantische Agenda rücken. Und auch zur Begrenzung der Erderwärmung hofft Michel auf gemeinsame Anstrengungen. Er hat die künftige US-Regierung zu einem gemeinsamen Gipfeltreffen eingeladen. Im Laufe der ersten Hälfte des kommenden Jahres soll dieses stattfinden.

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Wie am Montag aus EU-Kreisen verlautete, berieten dazu am Morgen die Botschafter der 27 EU-Mitgliedstaaten. Auf dem EU-Gipfel in der kommenden Woche soll demnach auf Ebene der Staats- und Regierungschefs über die Neuausrichtung des EU-USA-Verhältnisses beraten werden.

Parallel zum EU-Rat bemüht man sich derzeit auch in der Nato, den Graben zwischen Amerikanern und Europäern zu verkleinern. So soll am Dienstag die von Außenminister Heiko Maas initiierte und vom früheren Innen- und Verteidigungsminister Thomas de Maizière geführte „Reflexionsgruppe” Ideen zur Stärkung der politischen Zusammenarbeit innerhalb der Nato vorstellen.

Die Nato sortiert sich

Dem Vernehmen nach enthält der Bericht Vorschläge für ein einheitlicheres Auftreten der Nato nach außen – durch stärkere Konsultationspflichten und eine gestraffte Entscheidungsfindung im Inneren. Auch wird die strategische Herausforderung durch Russland und auch China für das Bündnis herausgearbeitet. Methoden der sogenannten hybriden Kriegsführung, also etwa Cyberangriffe oder Desinformationskampagnen, sollen künftig stärker in die Taktiken und Strategien der Nato einfließen.

Die vor einem Jahr erfolgte Berufung der „Reflexionsgruppe“ war eine Folge der harschen Kritik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an dem Bündnis. Macron hatte der Nato Ende 2019 den „Hirntod“ attestiert. Zuvor hatte US-Präsident Trump wiederholt Zweifel daran gesät, dass sich die USA noch an die Beistandsverpflichtung gebunden fühlen.

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Ein Thema, das weder EU-Ratspräsident Michel noch die Nato weit oben auf ihrer Agenda zum transatlantischen Verhältnis haben – das dieses aber in den kommenden Wochen und Monaten prägen dürfte wie kein zweites –, ist der Iran. Nach dem tödlichen Anschlag auf den Atomwissenschaftler Mohsen Fachrisadeh drängen die Hardliner im Gottesstaat zu einem Gegenschlag. Die US-Truppen in der Region sind in Alarmbereitschaft. Eine weitere Eskalation im amerikanisch-iranischen Konflikt würde jedoch die ohnehin schon hohen Hürden für eine Wiederbelebung des von Trump aufgekündigten Atomabkommens mit dem Iran weiter erhöhen.

Israels Führung und die Trump-Administration wollen eine Wiederauflage des maßgeblich von den Europäern ausgehandelten und unter Präsident Barack Obama in Kraft getretenen Abkommens verhindern. Die künftige Biden-Administration hat die Wiederaufnahme des Abkommens zur Verhinderung der iranischen Atombombe jedoch zur Priorität ernannt – ganz im Sinne der Unterzeichnerstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Doch Zuversicht kommt bei den Europäern noch nicht auf. Sie wissen: Solange Trump im Amt ist, ist die Gefahr einer weiteren Eskalation nicht gebannt.

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