Oberlandesgericht Celle

Ex-IS-Mitglied berichtet vor Gericht

Eine Figur der blinden Justitia.

Eine Figur der blinden Justitia.

Celle (dpa/lni). «Völlige ideologische Verblendung» - mit diesen Worten hat eine 34-jährige Angeklagte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle erklärt, warum sie zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) abdriftete und später in Anschlagspläne involviert war. Sie bedauere ihr Verhalten ausdrücklich, ließ sie am Montag ihre Verteidiger in einer Erklärung vortragen. Den Großteil der Vorwürfe, die ihr in dem Staatsschutzverfahren gemacht werden, räumte die Frau aus dem Raum Salzgitter ein.

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Die Generalbundesanwaltschaft wirft ihr unter anderem vor, sich an einer «ausländischen terroristischen Vereinigung als Mitglied beteiligt zu haben». Die 34-Jährige soll im September 2015 mit ihrem Ehemann aus Deutschland ausgereist sein und sich in Syrien dem IS angeschlossen haben. Später soll sie zwei «Glaubensschwestern» in Deutschland angeworben haben, die potenzielle Attentäter auf ein Musikfestival nahe Hildesheim hätten heiraten sollen, um ihnen ein unauffälliges Leben zu ermöglichen. Die Ausreise der IS-Kämpfer sei jedoch gescheitert.

Sie wolle sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Plan funktioniert hätte, ließ die Angeklagte in ihrer Erklärung vortragen. Anschließend antwortete sie am ersten Prozesstag teils unter Tränen auf Fragen des Gerichts. Sie betonte dabei, dass sie sich nie selbst bereit erklärt habe, Anschläge zu verüben. Sie habe auch keine Sprengstoffgürtel oder ähnliches gebaut. Derzeit befindet sich die Angeklagte in Untersuchungshaft. «Ich will selbst auch verstehen, wie es so weit kommen konnte», zitierten sie ihre Anwälte.

Irgendwann hätten ihr Koranverse gegen Albträume geholfen, schilderte sie die Anfänge. Schnell war sie von dem Glauben fasziniert. Sie berichtete von einer Hochzeit in Tunesien. Nach ihren eigenen Worten geriet sie immer mehr in das Umfeld des mittlerweile verurteilen Hasspredigers Abu Walaa in Hildesheim und einen Freundeskreis in Wolfsburg, was sie als «Blase» bezeichnete. Nach einer Trennung ging sie eine Ehe nach islamischem Ritus ein und war damit «endgültig im IS angekommen».

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«Ich kann nicht erklären, warum ich das damals nicht erkannte», sagte die Angeklagte und berichtete ausführlich über ihre Reiseroute nach Syrien und in den Irak im Herbst 2015. Sie schilderte ihre Stationen dort und die später aus ihrer Sicht sehr traumatisierenden Erlebnisse in verschiedenen Gefängnissen. Seit Oktober 2017 befand sie sich im Gewahrsam von kurdischen Kräften in Syrien. Sie wurde bei ihrer Wiedereinreise nach Deutschland im Oktober 2022 festgenommen.

Den Plan zur Anwerbung zweier «Glaubensschwestern» hatte sie nach Angaben eines Gerichtssprechers teils umgesetzt mit einer Frau, die mittlerweile vom OLG Hamburg zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt wurde. Eine weitere Frau, die sie dem Sprecher zufolge anwerben wollte, war Kontaktperson des Bundesnachrichtendienstes (BND).

Für die Beteiligung in einer ausländischen terroristischen Vereinigung drohen laut OLG Freiheitsstrafen von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gelte die Unschuldsvermutung. Für den Prozess sind 18 Termine bis Mitte September geplant.

© dpa-infocom, dpa:230416-99-336713/8

HAZ

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