Wahlkampf: Drei entscheidende Monate für Frankreich
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/DYHJQ2PFUNHDDMF74M5MALOGRY.jpeg)
Zur Beginn der EU-Ratspräsidentschaft hisst Frankreich die EU-Fahne unterhalb des Arc de Triomphe. Bei vielen rechts-konservativen Politikern kam das nicht so gut an.
© Quelle: Julien De Rosa/AFP/dpa
Paris. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte die Sache mit der Europafahne unter dem Triumphbogen wohl für weniger Aufruhr gesorgt. Aber es ist Wahlkampf in Frankreich – und Aufruhr die Garantie für die rivalisierenden Kandidaten, gehört zu werden. Auch und gerade wenn es um Europa geht. Zwar spricht sich eine Mehrheit der Menschen in Frankreich für die Zugehörigkeit zur EU aus, aber Töne mit nationalistischem Klang bleiben stark hörbar.
So schwappte eine Welle der Entrüstung hoch, als die Regierung zum Start der turnusmäßigen Ratspräsidentschaft eine riesige Europafahne unter dem Pariser Wahrzeichen wehen ließ. Es handele sich um „ein wahrhaftiges Attentat auf die Identität unserer Heimat“, kritisierte die Rechtspopulistin Marine Le Pen.
„Der EU voranstehen ja, die französische Identität auslöschen nein!“, twitterte die konservative Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse. Als die Regierung die Flagge rasch wieder abhängen ließ, hieß es zwar, das sei so vorgesehen gewesen. Zweifel blieben aber.
Der Zwischenfall zeigt, dass die Dreifachrolle von Emmanuel Macron als Präsident, Wahlkämpfer und Vorsitzender im Rat der EU-Mitgliedstaaten in den kommenden Monaten bis zur Wahl am 10. und 24. April heikel ist. Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, hat der 44-jährige Staatschef noch nicht gesagt. Bei seiner Silvesteransprache zählte er allerdings nicht nur seine umgesetzten Versprechen und Reformen auf.
In Bezug auf die anstehenden Wahlen versprach er seinen Landsleuten auch, er werde ihnen weiter dienen, „wo auch immer mein Platz sein wird“. Eine erneute Kandidatur gilt als wahrscheinlich, auch weil er die zentrale Rentenreform nicht umsetzen konnte. Bislang stehen seine Chancen gut. Seine Wählerbasis von 24 Prozent, die Macron 2017 in der ersten Wahlrunde erreicht hat, blieb stabil. Ob er den aktuellen Vorsprung halten kann, hängt jedoch von der Dynamik der kommenden Monate ab.
Valérie Pécresse gilt als gefährlichste Gegnerin
Als gefährlichste Gegnerin für ihn gilt Valérie Pécresse, die sich als Mischung aus der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher und der deutschen Ex-Kanzlerin Angela Merkel bezeichnet – als eiserne Lady, die auf Autorität, einen strikten Sparkurs und eine restriktive Einwanderungspolitik setzt. Derzeit liegt die Republikanerin mit rund 16 Prozent in Umfragen gleichauf mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die zum dritten Mal antritt.
Seit sie den Front National 2011 von ihrem Vater, Parteigründer Jean-Marie Le Pen, übernommen hat, verfolgte sie eine Strategie der „Entdämonisierung“: Allzu offen rassistische oder antisemitische Töne verbot sie, benannte die Partei in Rassemblement National um, sagte nun sogar, der Islam sei vereinbar mit der Republik. So entstand rechts von ihr neuer Raum, den der Journalist und Bestsellerautor Éric Zemmour einnahm.
Der Sohn jüdischer Algerienfranzosen beschwört die einstige Größe Frankreichs, das kurz vor dem Niedergang stehe – Schuld daran seien die Eliten, Ausländer und Muslime. Der 63-Jährige, bereits zweimal wegen Anstachelung zum Rassenhass verurteilt, liegt derzeit bei 13 Prozent.
Von den Parteien im linken Spektrum dürfte hingegen keine einzige ganz vorne mitmischen. Von der sozialistischen Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo über den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon bis zum Grünen-Politiker Yannick Jadot und möglicherweise der Ex-Justizministerin Christiane Taubira liegen alle im einstelligen Bereich.
Auf eine gemeinsame Kandidatur konnten sie sich nicht einigen. Eine Qualifizierung für die zweite Runde erscheint daher für alle unwahrscheinlich.