Korruptionsverdacht: Fahnder durchsuchen Räume von CSU-Politiker Nüßlein
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Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU).
© Quelle: dpa
Berlin. Am Donnerstagmorgen stand Georg Nüßlein noch auf der Rednerliste des Deutschen Bundestages. Zur Drucksache 19/26878, einem Antrag der FDP-Bundestagsfraktion für mehr Selbsttests in der Corona-Pandemie, sollte der stellvertretende Vorsitzende und Gesundheitsexperte der Unionsbundestagsfraktion reden. Doch es kam anders.
Überraschend setzte der Bundestag einen Zusatzpunkt auf die Tagesordnung. Punkt 22: Aufhebung der Immunität des CSU-Abgeordneten. Kaum war die weg, begannen die Durchsuchungen. 13 Objekte in Deutschland und in Liechtenstein, darunter Nüßleins Privathaus im bayerischen Landkreis Günzburg, durchsuchten die Fahnder und stellten dabei Beweismittel sicher. Es gehe um den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern im Zusammenhang mit dem Ankauf von Corona-Atemschutzmasken, teilte die Generalstaatsanwaltschaft München mit. Neben Nüßlein gebe es einen weiteren Beschuldigten.
Die Staatsanwaltschaft wies ausdrücklich auf die Unschuldsvermutung hin. Nüßlein selbst äußerte sich öffentlich nicht.
Laut Bild-Zeitung wird dem Gesundheitspolitiker vorgeworfen, einem Hersteller von Schutzmasken Großaufträge der Bundesregierung und der bayerischen Staatsregierung beschafft und sich dabei persönlich bereichert zu haben. Der Zeitung zufolge geht es um ein Beraterhonorar von 650.000 Euro, das über einen Zwischenhändler an eine Firma Nüßleins geflossen sei. Außerdem soll das Geld nicht versteuert worden sein.
SPD und Grüne fordern Tempo beim Lobbyregister
Ein Sprecher der CSU im Bundestag sagte, das Aufheben der Immunität sei der übliche Vorgang, um auf Antrag der Staatsanwaltschaft Ermittlungen zu ermöglichen. „Vom Inhalt der Ermittlungen haben wir keine Kenntnis. Im Übrigen gilt in solchen Fällen die Unschuldsvermutung.“
Die Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Katja Mast, erklärte: „Wenn auch nur der Verdacht entsteht, dass sich ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages an der Corona-Krise persönlich bereichert, dann ist das ein sehr ernster, schwerwiegender Vorwurf, der umfänglich aufgeklärt werden muss.“
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Es gibt ein Ermittlungsverfahren, und bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung gilt die Unschuldsvermutung.“ Der Fall Nüsslein unterstreiche grundsätzlich die Notwendigkeit für mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit politischer Interessenvertretung, so Haßelmann weiter. „Dazu gehört unbedingt ein gesetzliches Lobbyregister. Die Koalition muss ihre Blockade dazu aufgeben.“
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese forderte ebenfalls, jetzt zügig ein verpflichtendes Lobbyregister zu beschließen. „Dieser aktuelle Fall macht einmal mehr deutlich, dass wir endlich handeln müssen. Wir appellieren an die CDU/CSU, endlich zu ihrem Wort zu stehen“, sagte Wiese. „Wir müssen alle ein großes Interesse daran haben, der Bestechlichkeit von Politikern endgültig einen Riegel vorzuschieben.“
Nüßlein gehört dem Bundestag seit 2002 an. Er vertritt den Wahlkreis Neu-Ulm. Seit 2014 ist er stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion. Der 51-Jährige kümmert sich schwerpunktmäßig um die Themen Umwelt, Naturschutz, Gesundheit, Wirtschaft und Energie.
RND mit Informationen von dpa