Die (nahezu) unmögliche Mission des Olaf Scholz
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SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz: "Die allergrößte Herausforderung ist die Schwäche der SPD."
© Quelle: imago images/Xinhua
Berlin. Im politischen Amerika gibt es ein Sprichwort: “Only Nixon could go to China”. Das Bonmot spielt auf den Staatsbesuch des republikanischen Präsidenten Richard Nixon in der Volksrepublik China 1972 an. Es meint, dass nur ein konservativer Hardliner wie Nixon das Verhältnis zu China verbessern konnte, ohne sich heimliche Sympathien für den Kommunismus vorwerfen lassen zu müssen.
Auch in der deutschen SPD hört man jenen Satz in diesen Tagen öfter. Es geht um Olaf Scholz und ein mögliches Regierungsbündnis mit der Linkspartei. Wenn es einen Sozialdemokraten gibt, der ein Bündnis mit der Linken wagen könnte, ohne Angstattacken bei Wirtschaft, Handwerk und (Klein-)Bürgertum hervorzurufen, dann der bis in die nur noch spärlich vorhandenen Haarspitzen pragmatische Scholz, lautet die These.
Sie beschreibt ganz gut die Strategie, mit der die Sozialdemokraten in den Wahlkampf ziehen werden: Auf den Kanzler kommt es an, mit wem er regiert, ist zweitrangig. Die Erkenntnis hat die SPD bei den vergangenen drei Bundestagswahlen auf die harte Tour gelernt: Kanzlerkandidaten brauchen eine Machtperspektive, sonst werden sie nicht ernst genommen.
Die Linke muss jetzt Farbe bekennen
Rot-Rot-Grün könnte – neben der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP - eine solche Perspektive für Scholz sein. Sätze wie den von Peer Steinbrück, wonach er mit der Linken international nirgendwo aufzutauchen brauche, wird man deshalb von Scholz nicht zu hören bekommen.
Geklärt ist das Verhältnis zur Linkspartei damit allerdings noch nicht, denn ohne zweifelsfreies Bekenntnis der Linken zur deutschen Nato-Mitgliedschaft und zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist mit dieser Partei auf Bundesebene kein Staat zu machen. Ob ein solches Bekenntnis jemals kommt, ist unklar.
Scholz nächstes Problem sind die Grünen. Stehen die noch für ein – mutmaßlich wackliges – rot-rot-grünes Regierungsbündnis zur Verfügung, wenn auf der anderen Seite die Union lockt? In Hessen und Baden-Württemberg hat sich gezeigt, wie geräuschlos Schwarze und Grüne miteinander regieren können. Die Versuchung ist groß, das Modell auf den Bund zu übertragen.
Das größte Problem ist die Schwäche der SPD
Die allergrößte Herausforderung für Olaf Scholz allerdings ist die Schwäche seiner SPD. Denn trotz der zelebrierten Einigkeit der Führung stehen ihm zumindest Teile der Basis skeptisch gegenüber. Und die Wähler wollen auch erst überzeugt werden. Was nützen Scholz potenzielle Bündnispartner, wenn die eigene Stärke fehlt? Sein erstes Ziel muss es deshalb sein, die schlechten Umfragewerte der SPD zu steigern. Mindestens auf Schlagdistanz zu den Grünen müssen die Sozialdemokraten sein, um die Vision eines SPD-Kanzlers aufrecht zu erhalten.
Und selbst dann wird es schwer. Es muss schon eine ganze Menge schief laufen bei Union und Grünen und eine ganze Menge klappen im Wahlkampf der SPD, damit das Unmögliche möglich wird. In der Vergangenheit lief es meist andersherum.
Immerhin die Nominierung hat nun geklappt. Anders als bei Martin Schulz 2017, Peer Steinbrück 2013 und Frank-Walter Steinmeier 2009 ziehen die Genossen dieses Mal zumindest vorübergehend an einem Strang. Darauf kann Scholz aufbauen. Das Kanzleramt scheint zwar immer noch in weiter Ferne. Aber das war China für Nixon ja auch.