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ZdK-Präsident Sternberg: Staat soll Erhalt von Kirchengebäuden mitfinanzieren

Thomas Sternberg, Präsident des ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken).

Thomas Sternberg, Präsident des ZdK (Zentralkomitee der deutschen Katholiken).

Hannover. In der Corona-Pandemie ist die Zahl der Kirchenaustritte um etwa 18 Prozent zurückgegangen. Das haben die beiden großen christlichen Kirchen am Mittwoch bekannt gegeben. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Prof. Thomas Sternberg, hat mit dieser Entwicklung nicht gerechnet: „Die gesunkenen Austrittszahlen haben mich überrascht. Ich hatte nach der Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln mit deutlich mehr Kirchenaustritten gerechnet“, sagte Sternberg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Sternberg besorgt über Kirchenaustritte engagierter Christen

Laut den am Mittwoch vorgestellten Zahlen sind 2020 rund 220.000 Katholiken und ebenso viele evangelische Christen aus der Kirche ausgetreten. Auffällig dabei ist, dass zuletzt besonders engagierte Gläubige die Kirche verlassen und ihren Ärger öffentlich machen. „Es muss uns beunruhigen, dass derzeit so viele Menschen aus der Mitte der Kirche austreten“, sagt Sternberg. Sie seien tief enttäuscht von der Kirche und sehr verbittert und verärgert über ausgebliebene Reformen. „Misstöne aus Rom haben diese Verärgerung und Wut auf die Kirche immer weiter gesteigert“, so der ZdK-Präsident. Gerade bei diesen Menschen müsse die Kirche Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen.

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Doch nicht nur die Kritik an der Missbrauchsaufarbeitung treibt Menschen aus der Kirche. „Auch die pastorale Situation in Deutschland sorgt für große Verärgerung unter den Katholiken: die unsensible Gemeindezusammenlegung, die Verwaltungswut und das Durchregieren mancher Generalvikare“, beobachtet der ZdK-Präsident.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hatte zu den vorgestellten Austrittszahlen erklärt: Er hoffe, dass der Synodale Weg neues Vertrauen aufbauen kann. Allerdings dämpft Sternberg die großen Hoffnungen, die von dem Reformprozess ausgehen. „Ich warne davor, die Erwartungen an den Synodalen Weg zu hoch zu hängen“, sagte er dem RND. Es gehe nicht darum, die Kirche wieder strahlen zu lassen und alle ausgetretenen Menschen zurückzuholen.

Viele Probleme würden sich nur auf der Ebene der Weltkirche beheben lassen. „Aber wenn wir die großen Konfliktthemen offen benennen und diskutieren, hat das auch eine Signalwirkung für Rom“, meint Sternberg. Dass der Synodale Weg scheitern wird, glaubt Sternberg nicht. Es gebe viele Beschlüsse, die Bischöfe in Deutschland nach bestehendem Kirchenrecht umsetzen könnten. „Aber wir werden einen Kompromiss zwischen den Reformen in Deutschland und der Einheit der Kirche finden müssen.“

Staat soll Erhalt von Kirchengebäuden unterstützen

„Der Rückgang an Kirchensteuern wird die Kirchen bald sehr schwer treffen“, fürchtet Sternberg. Er rechnet nicht nur beim sozialen Engagement der Kirchen mit Herausforderungen, sondern auch bei der Zukunft der Kirchengebäude. „Es ist fraglich, ob wir weiterhin die denkmalgeschützten Kirchen erhalten können“, sagt der ZdK-Vorsitzende im Gespräch mit dem RND. Der Staat halte sich aus dieser Frage bisher völlig heraus, obwohl die Existenz des Kirchengebäudes für eine ganze Stadt von Bedeutung sei. „Der Staat muss sich an der Denkmalpflege beteiligen“, fordert Sternberg und schlägt eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes für die Ausgaben der Denkmalpflege vor.

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„Es ist fraglich, ob wir weiterhin die denkmalgeschützten Kirchen erhalten können“

Prof. Thomas Sternberg

ZdK-Präsident

Darüber hinaus zeigen die statistischen Zahlen, dass es immer weniger Pfarrer in Deutschland gibt. Die logische Konsequenz daraus sei, dass die Laien in Zukunft viel mehr selbst in die Hand nehmen müssen. „Wir brauche einen Kulturwandel in den Gemeinden: Wir dürfen nicht jedes Mal fragen, erlaubt das der Pfarrer oder Bischof, sondern wir müssen selbst handeln“, sagt Sternberg dem RND. Dazu seien getaufte und gefirmte Katholiken auch befugt.

Kirche fehlt es an Nachwuchs

Die Kirchenaustritte machen nur etwas mehr als die Hälfte des Mitgliederschwunds in der Kirche aus. Die andere Hälfte ist auf Todesfälle zurückzuführen. Gleichzeitig lassen immer weniger Eltern ihre Kinder taufen. „Diese demografische Entwicklung besorgt mich“, sagt Sternberg. „Es fehlt eine religiöse Sozialisation der Kinder, ganze Generationen brechen uns in der Kirche weg“.

ZdK-Präsident Sternberg fordert, dringend junge Erwachsene und Familien zu unterstützen und zu versuchen, diese Menschen besser zu erreichen. „Dazu zählen zum Beispiel Partnerschaftsberatungen und Angebote zur Sinnstiftung für junge Menschen, passend zu ihrem Lebensweg“, schlägt Sternberg vor.

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