Der Auftritt von Olaf Scholz in Moskau: Diese Klarheit hat gutgetan
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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau.
© Quelle: imago images/SNA
Berlin. Ein guter Schachspieler kann mehrere Züge seines Gegenspielers voraussehen – aus der Grundannahme heraus, dass der andere rational handelt, aber auch aus einer Intuition, wie das Gegenüber tickt. So funktioniert auch gelungenes Krisenmanagement in der internationalen Politik. Es geht darum, eine Idee davon zu haben, was der andere in einer bestimmten Situation tun wird.
Genau deshalb gehört es zu den schlimmsten Situationen, wenn man sich nicht darauf verlassen kann, dass das Handeln einer mittelgroßen oder gar großen Macht mindestens einigermaßen rational und berechenbar bleibt.
Am Ende wäre es irrational, wenn Putin russische Truppen in die Ukraine einmarschieren ließe. Der Preis, den Russland dafür allein wirtschaftlich zahlen würde, wäre zu hoch – ein Faktor, der langfristig auch Putins Machtbasis in Russland schwächen würde.
Die gekränkte russische Seele
Gleichzeitig weiß Putin, dass es kurzfristig der gekränkten russischen Seele guttun kann, wenn er so tut, als befänden wir uns noch in Zeiten sowjetischer Weltmacht. Und dass er die volle Aufmerksamkeit des Westens bekommt, wenn er signalisiert, jederzeit zur Regelverletzung bereit zu sein.
Damit ließe sich einigermaßen umgehen, wenn man sicher sein könnte, dass Putin am Ende im wahrsten Sinn des Wortes nicht die Grenze überschreitet. Das kann man aber nicht.
Olaf Scholz trifft den richtigen Ton
In einer so komplizierten Lage darf der Westen keinen Zweifel daran lassen, dass er in der Lage ist, einheitlich zu reagieren. Um als Team zu funktionieren, ist es aber auch nicht notwendig, dass alle dieselbe Position spielen.
Olaf Scholz hat in Moskau einen Ton getroffen, der weniger scharf ist als jener aus den USA. Er ließ dabei aber keine Zweifel daran, dass ein Krieg weitreichende Konsequenzen für Russland hätte – auch für die Pipeline Nord Stream 2, die Scholz diesmal beim Namen genannt hat. Diese Klarheit hat gutgetan.