Senatorendinner in den USA: Auf der Karte stand Klartext vom Kanzler
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Bei der Pressekonferenz im Weißen Haus erwähnte Olaf Scholz die Ostseepipeline Nord Stream 2 nicht. Im vertraulichen Gespräch mit Senatoren soll er offener gewesen sein.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Washington. Der Rest der Delegation befand sich schon auf dem Weg zum Flughafen, als Olaf Scholz zum Abschluss seines Washington-Besuches noch einen Zwischenstopp bei der Residenz der deutschen Botschafterin Emily Haber einlegte. Elf mächtige US-Senatoren aus beiden Parteien waren dort zum Abendessen erschienen.
Dem Kanzler blieb kaum mehr als eine Stunde für das vertrauliche Gespräch um einen großen Tisch. Doch der Eindruck, den der Hanseat mit seinem Vortrag in fließendem Englisch hinterließ, war offenbar positiv.
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Seit Wochen hatten amerikanische Politiker und Medien die Bundesregierung wegen ihrer zögerlichen Haltung in der Ukraine-Krise angegriffen und gar die Bündnistreue infrage gestellt. Nach der Begegnung klangen Kritiker wie Jim Risch, der ranghöchste Republikaner im Auswärtigen Ausschuss des Senats, deutlich freundlicher: „Ich weiß es zu schätzen, dass Kanzler Scholz mit uns persönlich über unsere Sorgen hinsichtlich der Ukraine und Putins Vorhaben einer Invasion gesprochen hat“, sagte Risch dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Nach seinem Eindruck stimmen Washington und Berlin in der Sache überein: „Ich glaube, dass wir dasselbe wollen, nämlich dass Putin sich zurückhält und es keine Invasion in der Ukraine gibt“, urteilte er.
„Er hat das sehr klar dargelegt“, sagt ein Senator
Das sind bemerkenswerte Worte für einen Mann, der noch am Wochenende erklärt hatte, offenbar teile Deutschland nicht die Sicherheitsbedenken vieler Verbündeter: „Ich bin besorgt über Differenzen, die unsere Beziehung in der Zukunft beschädigen könnten.“ Nun berichtet der Republikaner, Scholz habe „leidenschaftlich“ dem Eindruck widersprochen, dass sich Deutschland von den USA ab- und Russland zuwenden könne: „So ist es nicht. Er hat das sehr klar dargelegt.“
Risch ist eine wichtige Figur im Senat, da er zusammen mit dem Demokraten Bob Menendez das mächtige Sanktionspaket gegen Russland verhandelt, zu dem auch Nord Stream 2 gehören wird. Anders als viele Republikaner wollen die Demokraten die Ostseepipeline nicht sofort plattmachen, sondern nur im Falle einer Invasion in der Ukraine.
Menendez sprach nach dem Treffen in der Residenz von einem „sehr starken“ Auftritt des Kanzlers. Sowohl er als auch Risch deuteten laut der Nachrichtenseite „Politico“ an, dass die Äußerungen von Scholz den Verzicht auf sofortige Strafmaßnahmen und die überparteiliche Einigung auf eine Sanktionsdrohung einfacher machten.
Anders als Präsident Joe Biden hatte Scholz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz den Namen der Ostseepipeline nicht in den Mund genommen, was in der amerikanischen Öffentlichkeit auf Unverständnis stieß. Der Kanzler müsse halt auf die Koalition und auf Verträge Rücksicht nehmen, verteidigt der demokratische Senator Chris Murphy den SPD-Politiker nun.
Hinter den verschlossenen Türen der Residenz scheint Scholz aber deutlicher ausgesprochen zu haben, was er öffentlich nur indirekt nahelegt: „Die gute Nachricht ist: Er hat bestätigt, was Präsident Biden gesagt hat. Wenn es zu einer Invasion kommt, wird Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen“, berichtete der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell nach der Begegnung.