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Queer-Beauftragter Lehmann: Wollen die Vielfalt der Lebensformen rechtlich anerkennen

„Wenn wir die gesellschaftliche Realität nun endlich auch rechtlich anerkennen, kann ich darin keinen Angriff auf die Ehe erkennen“, sagt Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

„Wenn wir die gesellschaftliche Realität nun endlich auch rechtlich anerkennen, kann ich darin keinen Angriff auf die Ehe erkennen“, sagt Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Berlin. Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, glaubt nicht, dass die geplante Modernisierung des Familienrechts auf nennenswerten Widerstand in der Bevölkerung stößt. Lehmann sagte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Politik denke sich die Vielfalt der Lebensformen, die die Bundesregierung nun auch rechtlich absichern wolle, ja nicht aus: „Das wird tagtäglich gelebt, das gibt es längst in der Gesellschaft. Und wenn wir die gesellschaftliche Realität nun endlich auch rechtlich anerkennen, kann ich darin keinen Angriff auf die Ehe erkennen“, sagte er. Lehmann ist seit Januar Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt (Queer-Beauftragter).

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Die Ampel-Koalition will Eltern in Regenbogen- und Patchworkfamilien rechtlich besser absichern. Bis zu vier Elternteile sollen für ein Kind sorgeberechtigt sein können. Außerdem planen SPD, Grüne und FDP die Einführung einer Verantwortungsgemeinschaft für Menschen, die füreinander einstehen wollen, aber kein Paar sind. Die Union wirft der Regierung vor, damit eine Politik zu machen, die zu einer Schwächung von Ehe und Familie führen werde.

Lehmann sagte dazu, er fühle sich zurückerinnert an die Debatten um die Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Damals habe es auch geheißen, das schwäche die Ehe. „Das Gegenteil ist der Fall, die Öffnung hat die Ehe als Institution gestärkt“, sagte er. Es sei nicht Aufgabe des Staates zu sagen, wie die Menschen leben sollten, sagte Lehmann, sondern sie dabei zu unterstützen, dass sie so leben könnten, wie sie wollen. Einen „Kulturkampf“ wie ihn Teile der Opposition aufmachen wollten, „möchte die Mehrheit nicht“, sagte Lehmann: „Davon bin ich überzeugt.“

Im Kampf um die Gleichberechtigung von LGBTI-Personen sieht der Queer-Beauftragte im neuen Verhältnis zwischen Politik und der Bewegung einen Fortschritt. Auch durch die Einführung seines Amtes stelle sich die Bundesregierung „an die Seite queerer Menschen. Sie erkennt diese von sich aus an. Und sie muss nicht durch Demonstrationen oder Verfassungsklagen dazu gezwungen werden, aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen“, sagte Lehmann. Das sei für die Community, aber auch für ihn als Beauftragten eine „neue Konstellation, weil die Bewegung ja aus der Opposition entstanden ist“.

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Mit der aus dem Englischen übernommenen Abkürzung LGBTI bezeichnen sich Zusammenschlüsse von Lesben, Schwulen, bi- oder intersexuellen Menschen sowie Transgenderpersonen.

Nach dem Coming-Out von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der katholischen Kirche fordert Lehmann, eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Der „beste Weg“ sei es, wenn die katholische Kirche ihre Grundordnung für den kirchlichen Dienst selbst ändere, sagte der Grünen-Politiker. Jedoch werde auch die Bundesregierung den Dialog mit der Kirche suchen mit dem Ziel, das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht anzupassen, erklärte Lehmann. Diesen Dialog zu führen, hätten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag vereinbart.

Am vergangenen Montag hatten sich 125 Haupt- und Ehrenamtliche der katholischen Kirche als nicht heterosexuell geoutet und in einem Manifest die Änderung der kirchlichen Sexualmoral gefordert. „Die Politik sollte sich an die Seite derjenigen stellen, die sich bei #outinchurch sehr mutig mit Gesicht, Stimme und Namen gezeigt haben“, sagte Lehmann. Die Forderung der Kampagne nach einer „Kirche ohne Angst“ sei jedoch etwas, das die Kirche selbst angehen müsse.

Für die queere Community sei die Aktion der kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Ermutigung, sagte Lehmann: „Das hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für Veränderungen in der Kirche und macht natürlich auch vielen Menschen Mut, die sich noch nicht trauen so aufzutreten.“ In einem Manifest fordern die Initiatorinnen und Initiatoren von #outinchurch unter anderem, dass LGBTIQ+-Personen einen diskriminierungsfreien Zugang zu allen Handlungs- und Berufsfeldern in der Kirche erhalten.

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Die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts ist Teil des Forderungspapiers. Durch diese sollen kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen offen in homosexuellen Beziehungen und ohne Angst vor dem Jobverlust leben können. Neben Verbänden und der Politik äußerten sich auch Mitglieder der katholischen Kirche, unter ihnen Bischöfe verschiedener Bistümer, positiv zu der Initiative.

RND/epd

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