Kein Spaziergang – die antidemokratischen Kundgebungen
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Chemnitz am Montag: Protest gegen die Corona-Regeln der Sächsischen Corona-Notfallverordnung.
© Quelle: imago images/HärtelPRESS
Berlin. Je höher die Infektionszahlen steigen, desto mehr Menschen finden sich zwischen Flensburg und München, zwischen Koblenz und Bautzen zu sogenannten Spaziergängen zusammen. Inhaltlich ist das absurd. Denn je höher die Infektionszahlen steigen, desto konsequenter müssen sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ansteckung schützen – nicht nur nur um ihrer selbst Willen.
Es geht auch darum, den Kliniken Luft zu lassen, dass sie neben den Corona-Fällen noch Menschen mit Herzinfarkt und Krebserkrankungen versorgen können. Es geht auch darum, Alte, Kranke und kleine Kinder zu schützen. Und es geht darum, den Weg raus aus der Pandemie solidarisch zu nehmen. Umfragen zufolge sieht das eine große Mehrheit der Bevölkerung genau so.
Solche Argumente wollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zu Spaziergängen verklärten Gewaltdemos nicht hören. Dieser radikalen Minderheit geht es auch nicht um die Sache. Sie verwechselt Egoismus mit Freiheit. Sie verbrämt die Ignoranz von Fakten zu selbstständigem Denken.
Es ist eine Minderheit der Bevölkerung, die sich in den sozialen Netzwerken zu den sogenannten Spaziergängen verabredet. Diese Minderheit aber ist gefährlich. Sie ist rücksichtslos, intolerant und teilweise gewaltbereit. Die zahlreichen bundesweiten Demos gegen die Corona-Maßnahmen erinnern fatal an die vielen „Pegida“-Demonstrationszüge zu der Zeit der Flüchtlingskrise. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieselben rechtsradikalen, antidemokratischen Kräfte ihr Süppchen auf der Unzufriedenheit und den Ängsten eines Teils der Bevölkerung kochen.
Die so oft zitierte Wehrhaftigkeit der Demokratie muss früher einsetzen. Es reicht nicht, wenn Polizisten unter Einsatz ihrer Gesundheit unangemeldete Demos auflösen. Der Rechtsstaat muss endlich in den sozialen Netzwerken präsenter werden, um die Antidemokraten dort zu beobachten und zu bekämpfen.