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Neues Rundfunkgesetz in Polen: In der EU schrillen die Alarmglocken

Demonstranten schwenken am Dienstag Europa-Flaggen in Warschau und protestieren gegen das neue Rundfunkgesetz. Auch die EU und die USA sehen darin eine Einschränkung der Pressefreiheit.

Demonstranten schwenken am Dienstag Europa-Flaggen in Warschau und protestieren gegen das neue Rundfunkgesetz. Auch die EU und die USA sehen darin eine Einschränkung der Pressefreiheit.

Brüssel. Ein neues Rundfunkgesetz in Polen lässt in der EU und den USA die Alarmglocken schrillen. Nach Ansicht von Kritikern könnte das Gesetz die Pressefreiheit erheblich einschränken. EU-Parlamentarier forderten finanzielle Sanktionen gegen die nationalkonservative Regierung in Warschau.

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Das Gesetz, das am Mittwochabend in einer turbulenten Sitzung vom polnischen Parlament verabschiedet wurde, sieht vor: Firmen, die ihren Hauptsitz nicht in der EU, der Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein haben, dürfen künftig keine Mehrheitsbeteiligung an Radio- oder Fernsehsendern in Polen halten. Das Gesetz zielt offenbar auf den regierungskritischen Privatsender TVN, der Teil des US-Konzerns Discovery ist.

Entsprechend harsch fiel die Kritik der US-Regierung aus. US-Außenminister Antony Blinken zeigte sich „tief besorgt” und forderte die Regierung in Warschau auf, ihren Einsatz für demokratische Werte und Pressefreiheit unter Beweis zu stellen.

EU von der polnischen Erklärung nicht überzeugt

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wies die Kritik zurück. Es gehe nicht um konkrete Fernsehsender, sagte er am Donnerstag. Vielmehr solle geregelt werden, dass Firmen von außerhalb der EU sich nicht beliebige Medien in Polen kaufen könnten.

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Es kann keine Freiheit ohne freie Medien geben.

David Sassoli,

Präsident des Europaparlaments

Die EU zeigte sich von der Erklärung nicht überzeugt. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission, Vera Jourova, schrieb auf Twitter: „Starke Demokratien begrüßen die Vielfalt von Medien und Meinungen, sie kämpfen nicht dagegen.” Das Gesetz sende ein „negatives Signal”. Jourova sprach sich dafür aus, ein EU-weites Gesetz zur Pressefreiheit einzuführen.

„Es kann keine Freiheit ohne freie Medien geben”, erklärte der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli. Sollte das polnische Rundfunkgesetz in Kraft treten, sei das unabhängige Fernsehen in Polen „ernsthaft in Gefahr”. Das Gesetz muss noch die zweite Kammer des polnischen Parlaments, den Senat, passieren.

Barley: Warschau legt die „Axt an die Pressefreiheit”

„Mit dem Gesetz macht die polnische Regierung deutlich, dass sie keinerlei Absicht hat, zum europäischen Wertekanon zurückzukehren”, sagte die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley (SPD), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Barley warf der polnischen Regierung eine Verzögerungs- und Vernebelungstaktik vor. Während Warschau im Streit um die von der EU kritisierte Justizreform scheinbar einlenke, lege sie „die Axt an die Pressefreiheit”. Die EU-Kommission „darf sich nicht weiter am Nasenring durch die Manege führen lassen”, sagte Barley. Die Behörde in Brüssel müsse „schneller und konsequenter reagieren als bisher und dafür auch die neuen finanziellen Sanktionsmöglichkeiten nutzen”.

Die EU-Kommission hat Polen ein Ultimatum bis zum kommenden Montag gestellt. Die Regierung in Warschau muss bis dahin ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) akzeptieren, das sich gegen den Umbau des polnischen Justizsystems richtet. Geschieht das nicht, drohen Strafgelder.

Grünen-Politiker: „Geld ist der einzige Hebel, der funktioniert”

Der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund sprach von „einem konkreten Angriff” auf einen Sender. „Das ähnelt dem Vorgehen von Viktor Orbán in Ungarn”, sagte Freund dem RND. „In Polen will die Regierungspartei PiS die volle Kontrolle über alles, was geschrieben, gesendet und ausgestrahlt wird.”

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Die EU-Kommission müsse endlich den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus aktivieren, „damit jedem klar ist, dass Verstöße gegen den Rechtsstaat Konsequenzen haben”, sagte Freund. „Geld ist der einzige Hebel, der funktioniert.”

Seit Anfang des Jahres kann die EU-Kommission Geld zurückhalten, wenn Mitgliedsstaaten gegen europäische Grundwerte verstoßen. Mit dem Beginn der ersten Verfahren wird allerdings frühestens für den Herbst gerechnet.

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