Stavros Benos: der Mann, der Euböa nach den Waldbränden retten soll

Luftaufnahme eines niedergebrannten Waldes im Dorf Agia Anna auf der griechischen Insel Euböa.

Luftaufnahme eines niedergebrannten Waldes im Dorf Agia Anna auf der griechischen Insel Euböa.

Athen. Manche nennen es noch heute das „Wunder von Kalamata“. Als am Abend des 13. September 1986 ein Erdbeben die griechische Hafenstadt Kalamata verwüstete, verlor Bürgermeister Stavros Benos keine Zeit. Sobald die Verletzten versorgt und die Toten geborgen waren, ging Benos daran, seine Heimatstadt neu aufzubauen.

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Heute ist Benos 73 Jahre alt, das Haar gelichtet, der einst schwarze Schnauzbart weiß. Jetzt steht der Ex-Politiker vor einer Herausforderung, die noch größer ist als der Wiederaufbau von Kalamata. Ministerpräsident Mitsotakis berief ihn zum Vorsitzenden eines Komitees, das die Zukunft der Insel nach den verheerenden Waldbränden planen soll.

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Er habe „keine Sekunde gezögert, sondern die Aufgabe sofort angenommen“. Das sei für ihn „eine nationale Pflicht“, sagt Benos. „Ich habe Erfahrung mit Krisen, ich werde mein Bestes geben.“

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Die Feuer auf Euböa sind gelöscht. Die Feuerwehren aus 24 Ländern, die während der vergangenen Wochen in Griechenland geholfen hatten, treten den Heimweg an. Am Montag reisten auch 57 Feuerwehrleute aus Bonn zurück.

Das eigentliche Drama beginnt jetzt

Aber für die Menschen auf Euböa beginnt jetzt das eigentliche Drama. „Wir haben versucht, unsere Häuser zu schützen, aber die Bienen konnten wir nicht retten“, sagt der Imker Antonios Vakas. Die meisten seiner 130 Bienenstöcke sind verbrannt. Vakas steht vor dem Ruin, wie viele Landwirte und Gewerbetreibende. Ihre Hoffnungen ruhen nun auf Stavros Benos.

Der Diplom-Topograf Benos hat nicht nur Erfahrungen im Krisenmanagement. Was genauso wichtig ist: Er kennt die öffentliche Verwaltung, er weiß, wie die Mitarbeiter in den Behörden ticken, von den Rathäusern bis zu den Ministerien. 1990 ging der Bürgermeister in die „große Politik“. Für die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) zog er ins Parlament ein, war unter den Regierungschefs Andreas Papandreou und Kostas Simitis Kulturminister, Minister für die Ägäis und Staatsminister für die öffentliche Verwaltung.

Er schuf die KEP, die Bürgerzentren, die es inzwischen im ganzen Land gibt. Sie sind nicht nur Schnittstellen zwischen Bürgern und Staat, sondern erwiesen sich auch als wichtige Institutionen im Kampf gegen Korruption und Klientelunwesen.

Benos ist ein Urgestein der griechischen Sozialdemokratie

Für den Wiederaufbau Kalamatas bekam Benos Auszeichnungen der Europäischen Kommission und des Denkmalschutzverbundes Europa Nostra. Aus der aktiven Politik hat er sich schon vor 14 Jahren zurückgezogen. Im politischen Ruhestand gründete er die Nichtregierungsorganisation Diazoma, die sich mit Sponsoren um den Erhalt antiker Theater in ganz Griechenland kümmert.

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Als Politrentner ist Benos immer noch eine Art Urgestein der griechischen Sozialdemokratie, auch wenn die einst mächtige Volkspartei Pasok, die noch bei der Parlamentswahl von 2009 fast 44 Prozent der Stimmen bekam, in den jüngsten Umfragen nur bei mageren 6 Prozent liegt.

Dass Ministerpräsident Mitsotakis ausgerechnet Benos zum Katastrophenmanager für Euböa berief, dürfte auch politisches Kalkül sein. Mitsotakis unterstreicht damit die Öffnung seiner konservativen Nea Dimokratia zur Mitte und darüber hinaus, ins linksliberale Spektrum.

Überdies: Benos genießt als Retter von Kalamata und Reformer der öffentlichen Verwaltung über die Parteigrenzen hinweg großes Ansehen. Das wird ihm seine Arbeit erleichtern. Kritik an dieser Personalentscheidung ist jedenfalls aus den Reihen der Opposition bisher nicht zu vernehmen.

Benos tritt schwierige Mission an

Auch die griechische Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou sagte Benos jetzt telefonisch ihre Unterstützung zu und wünschte ihm viel Erfolg. Benos kann jede Hilfe gebrauchen, denn er tritt eine schwierige Mission an. Die Schäden auf Euböa sind gewaltig.

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Die fast zehn Tage lang tobenden Feuerstürme haben rund 50.500 Hektar Wald, Buschland und landwirtschaftliche Anbauflächen im Norden der Insel verwüstet. Hunderte Wohnhäuser, Gehöfte, Gewerbebetriebe und Geschäfte zerstörte das Feuer. Tausende Menschen sind obdachlos. Viele haben nicht nur ihre Häuser verloren, sondern auch ihre wirtschaftliche Existenz.

Olivenhaine sind abgebrannt

Olivenhaine und Feigenplantagen sind abgebrannt. Die Bauern können zwar mit staatlicher Hilfe neue Bäume pflanzen. Aber es werden Jahre vergehen, bis sie die ersten Früchte tragen. Noch düsterer ist die Zukunft jener, die vom Wald lebten, wie die Imker.

Fast die Hälfte des berühmten griechischen Pinienhonigs kam aus den Wäldern im Norden Euböas. Die Zukunft der wenigen Bienenvölker, die das Feuer überlebt haben, ist ungewiss, denn die Pinienwälder, in denen sie ihren Honig sammelten, sind fast völlig eingeäschert.

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Ministerpräsident Mitsotakis verspricht zwar schnelle Finanzhilfen. Die abgebrannten Flächen sollen wieder aufgeforstet werden. Überdies haben Pinienwälder die Eigenschaft, sich nach einem Feuer relativ gut wieder selbst zu regenerieren. Aber es wird Jahrzehnte dauern, bis die schwarzen Wunden verheilen, die das Feuer hinterlassen hat.

So lange können viele Menschen nicht warten. „Wir sind am Ende, unsere Existenz ist zerstört”, sagt der Imker Antonios Vakas. Verzweifelte Menschen wie Vakas wird Stavros Benos häufig antreffen, wenn er jetzt auf Euböa unterwegs ist.

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