„Systematische“ Luftverschmutzung: Was das EuGH-Urteil für Deutschland bedeutet
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Ein Schild weist am Mittleren Ring in München auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h hin, was der Luftreinhaltung dienen soll.
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Luxemburg. Deutschland hat die Grenzwerte für Stickstoffdioxid von 2010 bis 2016 „systematisch und anhaltend“ überschritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verurteilte Deutschland daher wegen Verletzung von EU-Recht.
Stickstoffdioxid (NO2) ist ein Reizgas, für das überwiegend Dieselmotoren verantwortlich sind. NO2 erhöht die Wahrscheinlichkeit von Husten und Bronchitis. Am stärksten betroffen sind Kinder und Jugendliche sowie Asthmatiker. Eine höhere NO2-Konzentration erhöht außerdem das Risiko, vorzeitig an Herz-Kreislauf-Krankheiten zu sterben.
EU-Grenzwerte sollen Gesundheit der Bürger schützen
Um die Gesundheit der Bürger zu schützen, gelten seit 2010 die Grenzwerte der EU-Luftqualitäts-Richtlinie von 2008. Wenn die Grenzwerte überschritten sind, müssen die Behörden Luftreinhaltepläne beschließen. Dort sind Maßnahmen zu benennen, die eine baldestmögliche Einhaltung der Grenzwerte ermöglichen.
Seit 2014 hat die EU kritisiert, dass Deutschland die NO2-Grenzwerte nicht einhält. 2018 startete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof. Der EuGH gab der Klage nun in vollem Umfang statt.
Deutschland habe in 26 von 89 Beurteilungsgebieten den Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid „systematisch und anhaltend“ überschritten, so der EuGH. Betroffen waren zum Beispiel die Ballungsräume Berlin, Stuttgart, München, Köln und Freiburg. Dabei wurden die Jahresgrenzwerte um bis zu 105 Prozent überschritten.
Ab 2010 war Deutschland daher verpflichtet, Gegenmaßnahmen einzuleiten. Luftreinhaltepläne sollten dafür sorgen, dass die Grenzwerte nur „so kurz wie möglich“ überschritten werden. Doch auch diese Pflicht habe Deutschland nicht ausreichend beachtet, stellte der EuGH jetzt fest.
Aufstellung von Luftreinhaltepläne war Sache der Bundesländer
Die Verurteilung richtet sich gegen Deutschland, weil die EU-Institutionen nicht danach unterscheiden, welche Ebene innerstaatlich zuständig war. Tatsächlich war die Aufstellung der Luftreinhaltepläne Sache der Bundesländer.
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Mit dem EuGH-Urteil ist keine Sanktion verbunden, es beschränkt sich auf die Feststellung, dass EU-Recht verletzt wurde. In einem neuen Verfahren könnte die EU-Kommission die Verhängung von Zwangsgeldern beantragen, um die Einhaltung der Grenzwerte durchzusetzen.
Grenzwerte werden inzwischen weitgehend eingehalten
Darauf wird die EU-Kommission aber wohl verzichten, weil die Grenzwerte inzwischen weitgehend eingehalten werden. Das dürfte vor allem Verdienst der Deutschen Umwelthilfe und ihres Anwalts Remo Klinger sein, die ab 2016 für Dutzende deutsche Städte auf bessere Luftreinhaltung klagten und mehrere Grundsatzurteile erstritten.
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Die anhaltende Diskussion um Dieselfahrverbote hat sicherlich auch dazu geführt, dass sich abgasreduzierte Fahrzeuge schneller am Markt durchsetzten.
Hilfreich dürfte zudem die Aufdeckung des Abgasbetrugs von VW und anderen Konzernen gewesen sein. Bei vielen VW-Diesel-Motoren sorgte eine illegale Software dafür, dass die eingebaute Abgasreduzierung nur auf dem Prüfstand richtig funktionierte.